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Von – 26. August 2011

Zölibat ist nicht Schuld

Diskussion über Missbrauch in der Kirche

Ein gutes Jahr ist es her, seit das Vorkommen von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche aufgedeckt wurde. Aus diesem Anlass gab es im Haus am Dom eine Podiumsdiskussion zum Thema, zu der das internationale „Netzwerk geschlechterbewusste Theologie“ in Kooperation mit katholischer und evangelischer Kirche eingeladen hatte. Es diskutierten der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz und die katholische Theologin Barbara Haslbeck von der Universität Passau, die zum Thema Missbrauch promoviert hat.

Haslbeck schilderte die Dynamik sexuellen Missbrauchs: Täter entwickeln Strategien, um die Opfer an sich zu binden und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Beim Opfer entsteht oft eine Wahrnehmungsverzerrung: Die Betroffenen glauben, dass das, was mit ihnen geschieht, „normal“ sei, dass sie selbst es wollen. Und sie übernehmen die Schuld, die eigentlich der Täter tragen müsste. Gerade religiös sozialisierte Menschen schreiben den Grund für ihr Leiden schnell der eigenen Sündhaftigkeit zu.

Wenn sie aber einen Missbrauch aufdecken, bewirkt das leicht den Ausschluss der Opfer aus dem System: Es wird etwa gefragt, ob die Vorwürfe überhaupt stimmen oder unterstellt, das Opfer wolle die Kirche „beschmutzen“ oder es hätte doch Nein sagen können. Vertrauen wird zerstört und, so Stadtdekan zu Eltz, die „Gottesvergiftung“ der Täter mache somit das Verhältnis zu Gott kaputt. Missbrauch habe nichts mit Sexualität zu tun, sondern mit Macht und Überlegenheit. Laut Haslbeck liegt es auch nicht am Zölibat. Eine Hotline, die die Deutsche Bischofskonferenz aus Anlass der Vorfälle eingerichtet hat, habe zudem gezeigt, dass Täter auch keine erhöhte Neigung zu Homosexualität haben.

Aus dem Publikum wurde der Wunsch nach einer professionellen Beratungsstelle in der Kirche laut. Vorgeschlagen wurde auch, das Umfeld stärker zu sensibilisieren, damit die Betroffenen eher den Mut haben, Nein zu sagen. Das Öffnen des Sakraments für Frauen wurde ebenfalls vorgeschlagen. Nach Haslbeck könnte auch die Verkündung eines mitfühlenden, nicht mächtigen Gottes und sensibler Umgang mit liturgischer Sprache helfen. Stadtdekan Zu Eltz betonte hingegen, dass nur Handeln etwas bewirke.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 26. August 2011 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

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