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Von – 1. Oktober 2011

Tiere brauchen keine Religion

Wenn liebgewordene Haustiere gestorben sind, widerstrebt es vielen, sie einfach im Müll zu entsorgen oder in der Tierkörperverwertung landen zu lassen. Der Gedanke liegt nahe, das Tier an einem schönen Plätzchen, womöglich unter einem Holzkreuz, zu bestatten. Mit kirchlichem Beistand?

Kirchgang mit Hund: Hier bei einer Andacht für Mensch und Tier vor der Wartburgkirche in Bornheim. Foto: Rolf Oeser

Manches spricht auf den ersten Blick dafür: Wenn Menschen christlich bestattet werden, warum nicht auch ein Haustier, mit dem man viele Jahre zusammengelebt hat – oft selbstverständlicher als mit einem Menschen? Für viele war das Haustier ein wirklich guter „Freund” in der Einsamkeit. Und ist Gott nicht der Schöpfer auch der Tiere? Die Vorstellung ist schön, dass Struppi jetzt zu Gott zurückkehrt und man eines Tages wieder mit ihm vereint ist.

Jens Feld, Oberkirchenrat in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und selbst ein großer Tierfreund, hat Verständnis für diesen Wunsch. Er hat überlegt, wie eine kirchlich begleitete Tierbestattung ablaufen könnte: Eine Rede gehöre dazu, aber sie dürfe nicht zu lang und nicht kitschig sein. Auf Orgelspiel und Vaterunser solle man verzichten, „da es vom verstorbenen Tier zu Lebzeiten weder verstanden noch mitgesprochen werden konnte“.

Feld stellt klar, dass nicht die Tiere, wohl aber die Menschen eine christliche Begleitung in der Trauer benötigten, und er macht auch Unterschiede, bei welchen Tieren eine christliche Bestattung angezeigt sei: nur bei denen, die eine Beziehung zum Menschen aufbauen könnten und ein Bewusstsein und eine Seele hätten. Ein Hund könne also christlich bestattet werden, nicht jedoch eine Heuschrecke.

Gegen die „Vermenschlichung“ von Haustieren hat sich hingegen der Mainzer Theologieprofessor Kristian Fechtner ausgesprochen. Ein verstorbenes Kaninchen im Garten zu begraben, sei in Ordnung – aber ohne religiösen Ritus. Auch Christine Noschka, Oberkirchenrätin und Mitglied der Kirchenleitung, lehnt religiöse Bestattungen für Tiere ab: „Nach christlichem Verständnis kommt nur dem Menschen Person-Sein zu. Das unterscheidet den Menschen grundlegend vom Tier. Eine liturgisch gestaltete Bestattung würde diese Differenz verwischen.” In diesem Sinne plädiert Noschka dafür, Menschen seelsorgerlich zu begleiten, die um ein geliebtes Haustier trauern, ihnen zugleich aber zu vermitteln, den Unterschied zwischen Mensch und Tier zu respektieren.

Biologen ziehen zwar keine klare Grenze mehr zwischen Mensch und Tier. Theologinnen fragen jedoch, ob christliche Rituale, die von der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen ausgehen, auch auf Tiere anwendbar seien. Die meisten kommen zu dem Schluss: Nein. Denn wer nicht sündigen kann, braucht auch keine Sündenvergebung.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Oktober 2011 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe .

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Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.

Kommentare zu diesem Artikel

  • Uwe Georg Doehn schrieb am 13. Oktober 2011

    Wir hier in der Wartburggemeinde haben Ihren Artikel mit Spannung erwartet und mit großem Interesse gelesen. Allerdings konnten wir uns nicht darin wiederfinden. Durch unser Foto wird suggeriert, dass wir mit dem Inhalt des Artikels etwas zu tun haben oder gar damit konform gehen. Das ist jedoch nicht der Fall.
    Unser Thema war Gottes Bund mit Mensch und Tier im Zeichen des Regenbogens. Ein Bund für das Leben, eine Existenzgarantie für alles Leben auf Erden auf ewig, wie es im 1.Buch Mose im 9. Kapitel heißt. Ich schicke Ihnen dazu im Anhang meine Predigt. Sie war in Auszügen auch Gegenstand der Andacht.
    Es ist mir sehr an einer Richtigstellung gelegen!!!
    In unserer Gemeinde geht es um die Wahrung und Würdigung der Schöpfung, um das Verständnis von natürlichen Systemen und deren Bedrohtheit, und um unsere Möglichkeiten und Beiträge zum Erhalt des Lebens. Vielleicht auch noch um die Fragen von Allbeseeltheit und um die Tierseele, die wir Menschen gar nicht oder sehr schwer verstehen. Wir sind beim Verständnis nicht weit gekommen. Es ist, so glaube ich, nicht an uns zu entscheiden, welches Verhältnis zwischen dem Schöpfer und seinen verschiedenen Geschöpfen besteht. Für uns gilt Gottes Aussage unter dem Regenbogen aus dem Buch Genesis.

    Ihr Artikel befasste sich mit dem Tod und mit Beerdigungsfragen. Ich stimme Ihnen völlig zu. Tiere brauchen keine Beerdigungen. Und keine auf den Menschen abgestimmte und von der Gesellschaft tradierte Formen. Es entspricht dem Wesen der Tiere viel eher, sich zu recyceln, sich von dem zu ernähren, was andere zurücklassen. Ob es für Haustiere dazu pietätvollere Formen gibt als die übliche Praxis heute, halte ich für sehr diskutabel.
    Tierfriedhöfe oder das wildwüchsige Verscharren von toten Tierkörpern aber halte ich nur ausnahmsweise für hinnehmbar. Dies ist in der Tat keine Aufgabe für die Kirche. Doch gerade mit Kindern lässt sich darüber nur schwer reden. Sie sind in ihrer grenzenlosen Trauer um das geliebte Haustier kaum zu lenken. Und alle Hinweise, dass Oma und das Meerschweinchen Susie nach ihrem Ableben anders behandelt werden müssen, scheitern. Hier ist Seelsorge gefragt und an dieser Stelle sehe ich auch Mängel und Versäumnisse im Umgang mit dem Tod, mit der Auferstehung und mit dem Paradies.
    Die alte krude Absage, das Abschmettern kindlicher Fragen hier, kann es nicht länger sein. Ich glaube, darüber sind wir einer Meinung.
    Mit lieben Grüßen, Uwe Georg Doehn