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Von – 12. Februar 2012

Homosexualität und Religion

Heile Familie: Markie Hancock wuchs in einer Familie "wiedergeborener" Christen auf. Lesbisch sein galt dort als Sünde. Ihr Film "Born again" bildete den Auftakt einer Reihe in der Evangelischen Stadtakademie am Römerberg.

Es sind Bilder voller zweideutiger Botschaften: Kinder, die glücklich in die Kamera lächeln, Kinder, die steif vor dem Fotografen stehen, die vom Gesichtsausdruck und der Haltung her mit ihren Eltern zu verschmelzen scheinen. Markie Hancock hat in ihrem autobiografischen Dokumentarfilm „Born again“ Bilder aus ihrer Kindheit und Jugend in einer „erweckten“, fundamentalistisch christlichen Familie in Pennsylvania eingespeist, die beklemmend wirken. „Warum ist es ein Betrug an Gott, wenn ich tue, was ich will?“, notierte sie als Jugendliche in ihrem Tagebuch. Ihre Geschichte entwickelt sich zu einem wirklichen „Neugeboren Werden“, zu einem Bekenntnis nämlich zu sich selbst als lesbischer Frau.

Hancocks Dokumentarfilm bildete den Auftakt zu einer Filmreihe unter dem Titel „Du sollst nicht lieben“, die sich mit dem Verhältnis von Religion und Homosexualität beschäftigte. Veranstaltet hat sie die Evangelische Stadtakademie am Römerberg gemeinsam mit dem Frauenreferat der Stadt. Die Filme zeigten die Versuche von Lesben und Schwulen, „ihre persönliche Orientierung mit Religion zu verbinden“, sagte Studienleiter Christian Kaufmann. Das Interesse war groß, zusätzliche Stühle wurden aufgestellt.

Neben Hancocks „Born again“ über christlichen Fundamentalismus gab es auch zwei Filme über die Verfolgung und Ablehnung von Homosexualität im Islam und im orthodoxen Judentum zu sehen. Die von Karola Gramann von der Kinothek Asta Nielsen in Zusammenarbeit mit lesbisch-schwulen Filmfestivals ausgewählten Streifen bildeten „Extrempositonen“ ab, betonte Kaufmann. So treffe das in sich geschlossene Weltbild fundamentalistischer Christinnen und Christen in den USA, die Homosexualität als widernatürlich ablehnen, „nicht die Einstellung protestantischer Gemeinden in Frankfurt.“

Deshalb sollten auch Filmgespräche nach den Vorführungen den Bogen zur Wirklichkeit in der Stadt schlagen. Eli Wolf etwa lebt als ordinierte evangelische Pfarrerin in Frankfurt offen lesbisch. „Die Haltungen von einigen Kirchen haben sich geändert“, sagte Wolf beim Podiumsgespräch. Auch die Lebens- und Glaubenserfahrungen von Judith Eisert sehen anders aus als das, was Markie Hancocks Dokumentarfilm schildert. Eisert arbeitet im schwul-lesbischen Jugendzentrum Kuss 41 und engagiert sich im Netzwerk katholischer Lesben.

Allerdings sei der Umgang der römisch-katholischen Kirche mit Homosexualität durchaus „nicht so rosig“, sagte Eisert. Doch auch evangelische Freikirchen sind oft intolerant. Und Eli Wolf mahnte: „Europaweit schreiben alle rechten Parteien Homophobie auf ihre Fahnen.“

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 12. Februar 2012 in der Rubrik Kultur, erschienen in der Ausgabe .

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Susanne Schmidt-Lüer ist Redakteurin und schreibt vor allem über Sozialpolitik, Kirche, Alter und wirtschaftspolitische Themen.