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Von – 12. Februar 2012

Nur ein müdes Lächeln

Gotteslästerung ist in Deutschland verboten. Laut UN verstößt das aber gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung.

Vorwürfe der „Gotteslästerung“ ernten in Deutschland meist nur noch ein müdes Lächeln. Das musste Ende Januar auch die ultrakonservative Piusbruderschaft erfahren. Mit Protestmails hatte sie versucht, die Aufführung der Performance „Gólgota Picnic“ im Hamburger Thalia-Theater zu verhindern. Dass da eine Frau mit Schutzhelm den Gekreuzigten darstellte, ist der großen Mehrheit der Deutschen keinen echten Skandal mehr wert.

Laut Paragraph 166 Strafgesetzbuch ist es verboten, Religionen zu beschimpfen, wenn dadurch der öffentliche Frieden gestört werden könnte. Eine Expertenkommission der UNO veröffentlichte kürzlich jedoch eine Stellungnahme, wonach solche Gesetze gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung verstoßen. In religionskritischen Kreisen wurde daraufhin gejubelt, die UNO bekräftige das „Recht auf Gotteslästerung“, und eine Abschaffung des Paragraphen 166 gefordert.

Was laut Menschenrechtsvertrag allerdings doch verboten werden muss, ist das „Eintreten für nationalen, rassischen oder religiösen Hass, durch das zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt aufgestachelt wird.“ Der Unterschied ist delikat. Auch das deutsche Strafrecht schützt ja nicht Gott vor einer Beleidigung oder die Gläubigen vor anderen Meinungen, sondern den öffentlichen Frieden. Allerdings ist die Formulierung schwammig. Wie schnell der „öffentliche Friede“ gestört wird, hängt ja nicht nur von Art und Schwere der „Gotteslästerung“ ab, sondern auch von der Empfindlichkeit der Gläubigen: Je schneller die sich aufregen, desto schneller ist der Friede dahin. Die UN-Version ist da klarer: Hier ist nur verboten, was selbst klar zu Hass und Feindseligkeit aufstachelt – und nicht das, was möglicherweise Feindseligkeit auf sich zieht.

Allerdings müssen sich die Gerichte in Deutschland nur mit wenigen Fällen pro Jahr beschäftigen. Selbst religiöse Menschen halten es nicht unbedingt für sinnvoll, das Thema Gotteslästerung gesetzlich zu regeln. Schließlich heißt es schon in den zehn Geboten: „Gott wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht.“ Gott. Nicht ein weltlicher Richter.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 12. Februar 2012 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe .

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Dr. Antje Schrupp ist geschäftsführende Redakteurin von Evangelisches Frankfurt. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com.

Kommentare zu diesem Artikel

  • Rainer Brandl schrieb am 19. Januar 2012

    Wenn aber Deutsche Bischoefe oder Missionsdirektoren zu den Diebstaehlen in Afrika, zur Gewalt an Kindern in der eigenen Kirche schweigen und die sich wehrenden Opfer beschuldigen gegen Religion, Kirche oder Gott vorsugehen, dann ist das klar.
    In meinen Werten, die das Leben und die Integritaet der Menschen in’s Zentrum stellen, fuehle ich mich durch einen Artikel wie den Ihren tief verletzt. Man muss immer wieder erleben wie Glauebige gegen Menschenrechte und gegen Andersglauebige vorgehen und es gibt dann keinen Paragraphen, der meine Gefuehle schuetzt und es gibt auch keinen der EKD Bischoefe zur Verantwortung zieht, die ueber die Ethik in der Wissenschaft parlieren und ueber den integren Kaufmann, waehrend in der eigenen Kirche gestohlen und getoetet wird. Sie sind verlogen, das hat mit Gott oder Religion nichts zu tun. Kirchen sind vielfach Organisationen, die andere im Stich lassen und Regeln und Gesetze brechen. Auf dem Ruecken der Opfer. Mit Freundlichen Gruessen
    Dr. Rainer Brandl

  • Antje Schrupp schrieb am 19. Januar 2012

    @Rainer Brandl – Haben sie den Artikel denn gelesen? Mir ist der Bezug Ihres Kommentares nicht ganz klar. Dass es in Kirchen – wie überall – helle und dunkle Seiten gibt, wird wohl niemand ernsthaft bestreiten. Gesetzesbrüche, die von Kirchenleuten begangen werden, werden genauso verfolgt und ggfs. bestraft, wie alle anderen auch.

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