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Von – 12. Mai 2012

Geistiger Energiestrom soll Heilung bringen

Fans des 1959 verstorbenen Bruno Gröning missionierten in Offenbach

Wird verehrt wie ein Messias: Bruno Gröning. Foto: Kurt-Helmuth Eimuth

Die Einladungen, in Blau gehalten, liegen oft in Apotheken aus. „Hilfe und Heilung auf geistigem Weg“ steht da in fetten Lettern. Darunter der Zusatz: „Medizinisch beweisbar“. Das macht neugierig. Veranstalter ist der „Kreis für geistige Lebenshilfe“, eine der unzähligen Vereinigungen in der Nachfolge von Bruno Gröning.

Bruno Gröning erfreute sich in den 1950er Jahren in Deutschland großer Beliebtheit. Mit Hilfe von Stanniolkugeln, so behauptete er, könne er seine eigene Heilkraft auf andere Menschen übertragen. 1958 wurde Gröning wegen Verstoßes gegen das Heilpraktikergesetz verurteilt. Sich selbst konnte er nicht heilen: Er starb 1959 in Paris an Magenkrebs.

Für seine Fans ist Gröning an dem starken Heilstrom gestorben, den er für die Menschheit transformiert hat. In mehreren hundert Gruppen treffen sie sich noch heute im „Bruno Gröning-Freundeskreis“, um den Heilstrom zu erfahren. Und sie missionieren: Vertrauen erweckend ist, dass der Vortrag in einer Klinik stattfinden soll. Allerdings wurde die Veranstaltung verlegt. Auf Nachfrage erfährt man, dass die Klinikleitung die Vermietung gekündigt hat. Ausweichquartier ist der viel zu große Saal eines Hotels am Kaiserlei. Gleich vorne in der Mitte, wie auf einem Altar, ein Bildnis von Bruno Gröning.

Langsam füllt sich der Saal. Die meisten kennen sich offenbar aus und setzen sich gleich richtig auf den Stuhl: Beine auseinander, Hände mit der geöffneten Handfläche nach oben. Das ist notwendig – wie man später erfährt – damit der Energiestrom fließen kann. „Es geht darum, dass man sagt: ich bin bereit die Kraft zu spüren“, ermahnt die Rednerin. Man müsse es wirklich wollen. Im Klartext: Wenn es mit der Heilung nicht klappt, ist man selber schuld.

Doktor Wolfgang Vogelsberger versichert, die Heilungen seien wissenschaftlich bewiesen. Bei jeder zweiten Veranstaltung geschähen Heilungen, insgesamt 75?000 seien bereits dokumentiert. Anschließend berichten zwei Männer und eine Frau von ihrer Heilung: Ein Loch im Trommelfell, eine chronische Hautkrankheit, dauernde Rückenschmerzen – alles wurde „geregelt“, so der hier übliche Ausdruck für Heilung.

Weltweit sollen 60 000 Menschen dieser Heilserwartung folgen. Zur Werbung haben sie eine gut organisierte Maschinerie entwickelt. Ehemalige Mitglieder berichten von sektentypischer Dynamik: Je mehr man sich engagiere, desto weniger habe man Freunde außerhalb der Gruppe. Man lebe in einem sehr konservativ geprägten persönlichen Umfeld im Stil der Fünfziger Jahre.

„Der Bruno Gröning-Freundeskreis läuft Gefahr, die Grenzen zur Therapie zu verschleiern“, warnt der Vorsitzende der Sekten- und Selbsthilfeinformation Hessen, Conny von Schumann. Dies bedeute eine echte Gefahr, wenn dadurch ärztliche Behandlungen unterblieben.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 12. Mai 2012 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

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Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion von "Evangelisches Frankfurt". Mehr über den Publizisten und Erziehungswissenschaftler ist auf www.eimuth.de zu erfahren.