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Von – 31. Mai 2012

Stefan Alkier: Wie man mit Gott reden kann

„Man kann sich Gott nicht so machen, wie man möchte“, ist Stefan Alkier überzeugt. Der Theologe von der Goethe-Uni war Gast in der Evangelischen Stadtakademie. Ein weiterer Studientag der Reiche beschäftigt sich am Samstag, 2. Juni, mit „Spielräumen des Unverfügbaren“. 

Stefan Alkier nach seinem Vortrag in der Evangelischen Stadtakademie mit Pröpstin Gabriele Scherle. Foto: Doris Stickler

„Man kann sich Gott nicht so machen, wie man möchte. Und man kann sich auch nicht für Glauben entscheiden. Glaube ist ein Geschenk, für das man dankbar sein kann“, meint Stefan Alkier. Im Rahmen Reihe zum Thema „Unverfügbare Welt“ arbeitete der an der Goethe-Universität lehrende Theologieprofessor in der Evangelischen Stadtakademie anhand von Bibelstellen heraus, wie Gott mit den Menschen redet, und wie sie mit ihm reden können – und wie nicht.

Die Bibel bestehe aus verschiedenen Geschichten, die über einen langen Zeitraum hinweg aufgeschrieben worden sind, so Alkier. Sie sei also ein „Buch des Plurals“, das man „intertextuell“, also in vielfältigem Bezug der Texte zueinander, lesen müsse. „Das Verwunderliche ist, dass dennoch eine Geschichte entstanden ist.“ Diese Geschichte, die die Bibel erzählt, muss man Alkiers Ansicht nach von ihrem Ende her verstehen, von der Apokalypse des Johannes. Dieses letzte Buch der Bibel handelt vom „Weltgericht“.

Entschieden wird erst am Ende der Geschichte 

Das durchgängige Thema der biblischen Gesamterzählung sei die Machtfrage: Wer bestimmt wirklich auf dieser Welt? Die Antwort: Entschieden wird erst am Ende der Geschichte. Johannes habe in der Apokalypse Gott als Allmächtigen beschrieben, als gerechten Gott, den es zornig macht, wie die Menschen mit seiner Schöpfung umgehen. Johannes mache die Unverfügbarkeit Gottes auch durch die Sprache deutlich. Er habe eine „Theopoetik“ geschaffen, denn wenn es um Gott geht, komme man über Bilder und fragmentarisches Sprechen nicht hinaus. „Man kann nicht adäquat über Gott sprechen“, erklärte der Alkier.

Von der Apokalypse her müsse man auch den Anfang der Bibel verstehen, so Alkier, also das erste Buch Mose, das erzählt, wie Gott Himmel und Erde erschafft. Gründe für diese Schöpfung gebe es nicht, die Welt sei völlig zwecklos, so Alkier. Sie sei einfach da, weil sie Gott gefallen habe. „Auch wir Menschen sind Selbstzweck, wir sind nicht dazu gemacht, um etwas Anderes zu erreichen, sondern Ausdruck einer grenzenlosen Kreativität.“

Die Bibel sei also gerahmt von der Idee, dass die menschliche Existenz keinen Zweck hat, aber auch nicht aus Zufall entstanden ist, sondern „aus der Kreativität eines liebenden Gottes“, der – so die Johannesapokalypse – irgendwann auch „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ schaffen werde.

Den Satz „Dein Wille geschehe“ ernstnehmen

„Vor allem aber hat Gott in Jesus Christus gesprochen“ erklärte der Theologe. Seiner Ansicht nach müsse man als Christ immer „vom Kreuz her mit Gott reden“. Das bedeute nichts Düsteres, sondern entspreche einfach der Überzeugung, dass das Kreuz – also der Tod, die Brutalität, die „Verzweckung“ – eben nicht das letzte Wort hat, sondern der kreative Gott.

Deshalb müsse man den Satz aus dem Vaterunser „Dein Wille geschehe“ ernst nehmen. Genau das sei die Unverfügbarkeit Gottes: „Letztendlich führt es zum Heil ohne dass wir es verstehen“, erklärte Alkier. Trotzdem dürften Menschen aber klagen, wie auch Jesus geklagt habe. Sie dürfen verzweifeln, bitten oder seufzen. „Aber trotzdem muss man Gott Gott sein lassen können.“

Studientag: Spielräume des Unverfügbaren

„Spielräume des Unverfügbaren“ ist auch der Titel eines Studientags mit Vorträgen und Gespräch am Samstag, 2. Juni, ab 14 Uhr in der Evangelischen Stadtakademie, Römerberg 9. Mit dabei sind: Die Berliner Philosophin Alice Lagaay folgt in  ihrem Vortrag den Spuren einer „Ökonomie der Zurückhaltung“, die Frankfurter Künstlerin Jin-Kyoung Huh spricht über die Bedeutung des Unverfügbaren für ihr künstlerisches Schaffen, und der Theater- und Kulturwissenschaftler Ralph Fischer setzt sich mit dem „Gespenstischen“ als Denk- und Erfahrungsmodell auseinander (Eintritt 6, ermäßigt 4 Euro).

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 31. Mai 2012 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe , .

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Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".