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Von – 28. Juni 2012

„Das war dann eben ich“

Ganz klein ist ihr Name unter die Aufsätze in der Festschrift zum 150-jährigen Bestehen der Gemeinde Griesheim gedruckt worden: Alexandra Erle steht nicht gerne im Rampenlicht.

Kennt die Geschichte der Gemeinde Griesheim: Alexandra Erle. Foto: Ilona Surrey

Aber als zum Jubiläum im Kirchenvorstand die Idee aufkam, die Geschichte der Gemeinde darzustellen, war ihr Name schnell im Spiel. Erles Ur-Ur-Ur-Großvater war Bürgermeister von Griesheim, und ihr Vater besaß eine Abschrift der alten Kirchenchronik. Er sammelte alles, was er über die Geschichte seines Stadtteils finden konnte. Innerhalb von vier Monaten hat seine Tochter sich in die wechselvolle Geschichte der Gemeinde eingearbeitet und rund fünfzig Seiten Festschrift produziert.

Auch nach der Mitarbeit im Redaktionsteam der Gemeindezeitung hat sich die 49-Jährige, die bei einer Versicherungsgesellschaft in Oberursel arbeitet, nicht gedrängt: „Damals gab es einen Pfarrerwechsel bei uns, und es wurde jemand gebraucht, der das weitermacht“, erzählt sie. „Das war dann eben ich.“

Beeindruckt von der Griesheimer Kirchengeschichte

Besonders beeindruckt hat sie bei ihrer Beschäftigung mit der Griesheimer Geschichte, wie erbittert die Kämpfe zwischen Katholiken und Evangelischen nach der Reformation waren. Zeitweilig musste die Kirche im Ort sogar abgeschlossen werden. Fasziniert war Erle von Gräfin Bose, die es den Evangelischen in Griesheim finanziell ermöglichte, 1861 endlich eine eigenständige Gemeinde zu werden. „Sie war modern und ganz bescheiden und wollte bei vielen guten Werken, die sie getan hat, nicht, dass ihr Name genannt wird“, sagt Erle. Bemerkenswert findet sie auch, dass die Griesheimer Pfarrer Klein und Jacobi im „Dritten Reich“ der Bekennenden Kirche beitraten und sich so den Nationalsozialisten widersetzten.

Alexandra Erle bezeichnet sich als „Griesheimer Urgestein“. Die Familie ihres Vaters kommt aus Griesheim, sie ist selbst dort aufgewachsen. Wenn sie zuhause aus dem Fenster schaut, sieht sie direkt auf das evangelische Gemeindezentrum. „Dort war ich im Kindergarten und in der Jungschar und habe später auch eine Mädchengruppe geleitet“. Evangelisch zu sein bedeutet für Erle, „frei zu sein“. Der evangelische Glaube habe sich von vielem Unnötigem früherer Zeiten befreit, auch von allzu strengen Dogmen und Gesetzen, sagt sie. Wegen dieser Freiheit geht die Griesheimerin manchmal auch in anderen Frankfurter Stadtteilen in den Gottesdienst – oder auch mal gar nicht. In ihrer Freizeit singt sie im Chor, aber nicht im Kirchenchor, sondern in dem Pop- und Jazzchor „L’Espérance“.

Alle haben damals Steine nach Griesheim geschafft

„Für die Zukunft hoffe ich, dass sich die Geschichte nicht wiederholt, beziehungweise dass die Gemeinde auch weiterlebt, wenn Kirchenräume geschlossen werden“, sagt sie. „Wir sollten uns auf unseren ersten Pfarrer, Eugen Theodor Heydenreich, besinnen. Er hat es geschafft, nicht nur seine, sondern auch die umliegenden Gemeinden in den Bau der ersten evangelischen Kirche einzubeziehen. Alle haben damals Steine nach Griesheim geschafft.“

Pfarrer Heydenreich schrieb 1862 in die Kirchenchronik: „Es zeigt sich, dass man eine Gemeinde nur mit ihren kirchlichen Verhältnissen beschäftigen soll, und das Erwachen des religiösen Geistes wird nicht ausbleiben.“

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 28. Juni 2012 in der Rubrik Menschen, erschienen in der Ausgabe , .

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Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".