Damit Menschen mit Demenz gut leben können, braucht es mehr als medizinische Forschung und professionelle Pflege. Das Thema ist eine soziale Herausforderung für die ganze Gesellschaft.
Einen „zivilgesellschaftlichen Aufbruch“, um die Herausforderungen der Demenz anzugehen, forderte der Altersforscher Reimer Gronemeyer von der Uni Gießen bei seinem Vortrag im Rahmen der Ausstellung „Kunst trotz(t) Demenz“ in der Heiliggeistkirche. Es sei an der Zeit, die soziale Seite der Demenz wahrzunehmen.
Bisher werde das Thema vor allem unter medizinischen Aspekten betrachtet. Doch Medizin könne zwar Prozesse von Demenzerkrankungen verzögern und begleiten, Heilung gebe es aber keine.
Deshalb stelle sich die Frage, wie Menschen mit Demenz sozial eingebunden werden können. Diese Aufgabe sei nicht mit Geld und Professionalität alleine zu lösen. Sondern hier sind alle gefragt: Wie geht man mit Menschen um, die bestimmte Dinge nicht mehr können?
Viele Demente bleiben vorsichtshalber zuhause
Schließlich beginnt Demenz langsam, zum Beispiel, wenn jemand nicht mehr allein den Weg nach Hause findet. Wenn die anderen das mittragen, ihm zum Beispiel helfen, dann ist das eigentlich kein Problem. Dennoch bleiben viele Demente vorsichtshalber zuhause.
Viele Angehörige trauen sich mit Dementen gar nicht erst in die Öffentlichkeit aus Angst, anzuecken oder zum Beispiel im Restaurant peinlich aufzufallen. Auch hier liege die Ursache des Dilemmas weniger in der Demenz selbst als vielmehr in der Unfähigkeit der Gesellschaft, Menschen mit Demenz zu integrieren. In der Folge würden viele Familien mit Demenzkranken vereinsamen und Angehörige durch die Pflege stark belastet.
Sensibilität für die Hilflosigkeit der anderen
„Wir brauchen Sensibilität für die Hilflosigkeit der anderen, und die Bereitschaft, das Ungewöhnliche zu tun, aus der Routine auszubrechen“, so Gronemeyer. „Eine Revolution, die das Thema Demenz in unseren Alltag zurückholt und Möglichkeiten findet, wie Betroffene und Angehörige so begleitet werden können, dass sie länger unter uns bleiben.“