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Von – 17. Januar 2013

„Unterrichten hat mir immer Spaß gemacht“

Früher leitete Martin Hilgenfeld die Wöhlerschule in Frankfurt. Heute als Pensionär hilft er im „Treff 38“ jungen Menschen beim Deutschlernen.

Martin Hilgenfeld unterrichtet gern – auch ehrenamtlich im „Treff 38“ des Evangelischen Vereins für Jugendsozialarbeit. Foto: Rolf Oeser

„Unterrichten hat mir immer Spaß gemacht“, erzählt der 75-Jährige, der vor seiner Pension zehn Jahre die Wöhlerschule geleitet hat und auch als Direktor noch Deutsch und Geschichte in der Oberstufe lehrte. „Aber jugendlichen Migranten zwischen 18 und 22 Jahren Deutsch beizubringen, ist natürlich etwas ganz Anderes. Da geht es ja nicht um Literaturinterpretation, sondern um die Struktur der Sprache, um Grammatik und Vokabeln.“

Geholfen hat ihm die eigene Erfahrung mit dem Fremdsprachenlernen: Um für das so genannte „Nachabitur“ am Frankfurter Lessing-Gymnasium Englisch zu lernen, hatte Hilgenfeld 1958 als junger Mann einen Monat lang auf einer Farm in England gearbeitet. Geboren in Oberschlesien war er nach dem Zweiten Weltkrieg mit seiner Familie nach Erfurt gezogen, hatte dort an einem altsprachlichen Gymnasium Abitur gemacht, sich dann aber mit 17 Jahren entschieden, in den Westen zu gehen: „Ich war nicht in der FDJ und durfte deshalb in der DDR nicht studieren“, erzählt er. „Da wollte ich weg.“

Für das Geschichtsstudium in Frankfurt musste er später noch Französisch lernen. „So habe ich meine französische Frau kennen gelernt“, erzählt er. „Und weil sie Deutsch als Fremdsprache gelernt hat, kann ich sie heute manchmal für meine Nachhilfeschüler um Rat fragen.“

Für jede Schülerin den passenden Lehrer

Dass der „Treff 38“ des Evangelischen Verein für Jugendsozialarbeit Nachhilfelehrer sucht, hatte Hilgenfeld in einer Zeitungsanzeige gelesen. Pro Jahr werden hier rund vierzig Schülerinnen und Schüler vermittelt. Fast alle kommen von der Berta-Jordan-Schule, einer Berufsschule, an der man unter anderem den Hauptschul- und Realschulabschluss machen kann. „Die Mitarbeiterinnen des Treffs geben sich viel Mühe, den jeweils passenden Lehrer zu finden“, sagt Hilgenfeld.

„Wir sind sehr froh über Herrn Hilgenfeld“, sagt Stefanie Horn vom Treff 38. „Er geht sehr einfühlsam und verständnisvoll mit den Jugendlichen um, und er bereitet sich immer sehr gewissenhaft vor, mit Zeitungsausschnitten und Textauszügen.“ Hilgenfeld übt mit seinen Schülerinnen Deutsch Hören, Lesen und Schreiben, macht mit ihnen Hausaufgaben, liest Praktikumsberichte und Bewerbungen. „Ganz wichtig ist auch, sie immer wieder zu ermutigen, damit sie sich nicht von Fehlern niederschmettern lassen“, erzählt er. „Und mit ihnen zu lachen – das tun wir auch oft in meinen Stunden.“

Gespräche über das Leben, den Alltag und die Politik

Wichtig seien aber auch die Gespräche über das Leben, den Alltag, die Lehrer und die Schule. Und über die Ausbildung. „Neulich hat mir ein türkisches Mädchen erzählt, dass ihr Onkel, ein Änderungsschneider, ihr Schneidern beibringt. Ich musste ihr erklären, dass das in Deutschland noch nicht als Ausbildung gilt.“

Die Mädchen seien im Allgemeinen disziplinierter und lernwilliger als die Jungen und fungierten in den Familien oft als Vermittlerinnen, zum Beispiel beim Arzt, hat Hilgenfeld beobachtet. Manchmal erzählt ihnen der fünffache Großvater auch von seinen Enkeln, oder er spricht über Deutschland, über Politik. In der Regel begleitet Hilgenfeld die jungen Leute ein Jahr lang. „Man kann eine Zeitlang helfen, und dann muss man loslassen“, sagt er. „Auch das gehört dazu.“

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 17. Januar 2013 in der Rubrik Menschen, erschienen in der Ausgabe , .

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Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".

Kommentare zu diesem Artikel

  • Antje Pallekarakes schrieb am 29. August 2013

    Einen herzlichen Gruss aus Hamburg an Herrn Hilgenfeld, der mich vor vieeelen Jahren an der Herderschule in Deutsch unterrichtet hat!

    Antje Pallekarakes (früher Hilgenberg)

  • Stephan Seip schrieb am 5. Januar 2017

    Einen herzlichen Gruss und ein dickes Dankeschön an Herrn Hilgenfeld – den besten Deutschlehrer den ich mir denken kann !
    Der Unterricht war manches mal anstrengend aber das beste was einem als Schüler in Frankfurt in den 70er / 80er Jahren passieren konnte.