Für einen neuen Familienbegriff plädierte Kirchenpräsident Volker Jung bei einer Podiumsdiskussion in der Lutherkirche zum zehnjährigen Bestehen der Segnung für gleichgeschlechtliche Paare in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Die „traditionelle Mama-Papa-Kind-Gemeinschaft“ befinde sich längst in Gesellschaft vielfältiger Konstellationen, zu denen zum Beispiel auch homosexuelle Paare mit Kindern gehören, sagte Jung.
Unter dem Motto „Sind wir schon im siebten Himmel?“ zog der Kirchenpräsident eine zwiespältige Bilanz. Denn auch wenn zwei Männer oder zwei Frauen für ihre Lebenspartnerschaft zwar den offiziellen Segen der Kirche bekommen können, darf das laut Kirchenrecht noch immer nicht „Trauung“ heißen – letztere ist allein heterosexuellen Paaren vorbehalten.
Diese sprachliche Unterscheidung sei aber eine „kirchenpolitische Absurdität“, sagte Jung. De facto sei die „Segnung“ genau dasselbe wie eine „Trauung“, und auch theologisch gebe es keinen Grund für unterschiedliche Bezeichnungen.
Auch im Bereich der evangelischen Kirche lasse jedoch die Akzeptanz von Homosexualität noch zu wünschen übrig, bedauerte Jung. „Wie aus einer anderen Welt“ fühle er sich zum Beispiel, wenn er auf Vertreter jener elf deutschen Landeskirchen trifft, die homosexuellen Lebensgemeinschaften eine Segnung noch immer verweigern. Und als die Evangelische Kirche in Deutschland kürzlich eine Stellungnahme zu Ehe und Familie erstellte, habe es etliche Kämpfe gebraucht, damit gleichgeschlechtliche Partnerschaften überhaupt erwähnt wurden.