Es ist schön, an Himmelfahrt mitten in der Woche einen Tag frei zu haben. Einige mögen auch mit Bier und Bollerwagen durch die Landschaft ziehen. Doch was wird an dem Tag eigentlich gefeiert?
„Ich bin in den Weltraum geflogen, aber Gott habe ich dort nicht gesehen. Ich habe keinen Himmel, sondern nur das Weltall gefunden.“ Das soll der Kosmonaut Juri Gagarin im April 1961 nach Moskau in den Kreml gemeldet haben. Er war der erste Mensch im Weltall. Mit seinem Raumschiff umrundete er die Erde in nur 108 Minuten. Gott aber hat er nicht gesehen. Den Himmel fand er leer. Da waren nur „unendliche Weiten, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat“, wie es in der Weltraum-Serie Star Trek heißt.
Der Himmel, das Weltall, ist viel mehr, als wir sehen können. Es besteht aus unzähligen Sternen, Planeten und Galaxien. Seine Größe ist nicht zu ermessen. Vielleicht tun sich deshalb so viele Menschen, auch Christen und Christinnen, schwer mit dem Feiertag „Christi Himmelfahrt“. Es ist schön, einen freien Tag zu haben, nicht zur Arbeit oder in die Schule zu müssen. Einige mögen auch gern mit Bier und Bollerwagen durch die Landschaft ziehen. Aber warum haben wir denn eigentlich frei? Was ist an diesem Tag bis heute so bedenkenswert, dass die christlichen Kirchen ihn jedes Jahr feierlich begehen?
Von der „Himmelfahrt“ berichten die Apostelgeschichte und der Evangelist Lukas. Jesus wird, nachdem er am Ostertag von den Toten auferstanden ist und wiederholt mit seinen Jüngern und Jüngerinnen gesprochen hat, vor ihren Augen emporgehoben, von einer Wolke aufgenommen und ihren staunenden Blicken entzogen. Aber wie soll man sich das vorstellen: Er ist „aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur rechten Gottes“, wie es im christlichen Glaubensbekenntnis heißt?
Christus entschwand durchs „Heilig-Geist-Loch“
Im Mittelalter hatten die Gläubigen es da einfacher. Basierend auf dem alten dreiteiligen Weltbild, wonach es oben einen Himmel, in der Mitte die Erde und unten die Unterwelt gab, konnte man das Geschehen der Himmelfahrt und das Entschwinden des Auferstandenen Jahr für Jahr plastisch und sinnfällig im Festgottesdienst inszenieren. In manchen Regionen war es zum Beispiel Brauch, eine hölzerne Christusfigur, begleitet von Fanfarenstößen, durch eine Öffnung im Kirchendach herauszuziehen – sie verschwand also durchs „Heilig-Geist-Loch“, währenddessen regnete es Blütenblätter oder Heiligenbildchen herab.
Der aufgeklärte Mensch des 21. Jahrhunderts hat solche volkstümlichen Darstellungen hinter sich gelassen. Über naiven Glauben kann er bestenfalls noch schmunzeln. Und spätestens seit Gagarin wissen wir es aus erster Hand: Was früher weitestgehend dem Glauben vorbehalten war, nämlich sich den Himmel auszumalen, liegt nun mit seiner ganzen Unendlichkeit scheinbar offen vor uns.
Es liegt an uns, ob der Himmel spürbar ist
In Wirklichkeit hat aber die Idee, die hinter der Himmelfahrt Christi steckt, nichts mit einer Reise über die Wolken zu tun. Sondern es ist eben tatsächlich ein „Glaubensbekenntnis“. Es besagt: Was an Weihnachten auf der Erde mit der Geburt Jesu begann, das erreicht am Himmelfahrtstag seinen Höhepunkt und Abschluss. Ein neues Zeitalter hat begonnen. Jesus geht nicht einfach weg, sondern kehrt zurück zu seinem Ursprung.
Christi Himmelfahrt zu feiern bedeutet, darauf zu vertrauen, dass das, was Jesus in den etwa 33 Jahren seines irdischen Daseins gesagt, getan und gelebt hat, nun für alle Welt und in alle Ewigkeit gilt. Wer die Himmelfahrt feiert, bekräftigt damit, dass es in unserer Hand liegt, ob und wie ein Stück des Himmels in unserem Leben spürbar wird.
So wie es auch in der Hand der Jünger und Jüngerinnen lag, die staunend dem entschwindenden Jesus nachblickten. Aber dann erschienen ihnen zwei Engel, die sagten: „Schaut nicht länger nach oben, sondern macht euch auf den Weg. Schaut in euch hinein. Dort wohnt Jesus. Dort ist der Himmel.“
Oder, wie Martin Luther es ausgedrückt hat: „Da er auf Erden war, war er uns fern. Seit er uns fern ist, ist er uns nah.“