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Von – 1. September 2013

Das lange Schwarze vom Pfarrer

Wenn Konfirmandinnen vom „langen schwarzen Kleid des Pfarrers“ sprechen, meinen sie den Talar, die charakteristische protestantische Amtskleidung.

Um das triste Schwarz des Talars etwas aufzulockern, kombinieren manche sie mit einer bunten Stola, wie hier Pfarrerin Anne Daur-Lyrhammer. Als Frau läuft sie dabei auch nicht Gefahr, für einem katholischen Priester gehalten zu werden. Foto: Rolf Oeser

Um das triste Schwarz des Talars etwas aufzulockern, kombinieren manche ihn mit einer bunten Stola, wie hier Pfarrerin Anne Daur-Lyrhammer. Als Frau läuft sie dabei auch nicht Gefahr, versehentlich für katholisch gehalten zu werden. Foto: Rolf Oeser

Das Kleidungsstück ist sehr weit geschnitten und tiefschwarz. Es besteht in der Regel aus knitterarmer Schurwolle und stammt vom mittelalterlichen Gewand der Gelehrten ab – auch Juristen und Professoren sieht man bis heute im Talar. Spezialgeschäfte bieten Talare ab etwa 500 Euro an.

Martin Luther trug zum Predigen auf der Kanzel in der Tat eine lange schwarze Gelehrtenschaube, behielt aber sonst die traditionelle christliche liturgische Kleidung bei: einen weißen Umhang (die Albe), ein Stoffband (die Stola) und das Messgewand (die Kasel). Im reformierten Bereich distanzierten sich die Geistlichen stärker von der katholischen Amtstracht und trugen zum Gottesdienst schwarze Kleidung.

Es war König Friedrich Wilhelm III. von Preußen, der 1811 für die protestantischen Geistlichen seines Territoriums den Talar zur Amtstracht bestimmte, um die bis dahin sehr unterschiedlich ausgeprägten Kleiderordnungen im Protestantismus zu vereinheitlichen. Farbe und Schnitt verliehen seinem Träger nach damaligem Empfinden eine würdevoll-sachliche Ausstrahlung.

Wenngleich in der protestantischen Tradition das „Priestertum aller Gläubigen“ gilt, so hebt der Talar die theologisch ausgebildete Pfarrperson und ihren kirchlichen Auftrag doch hervor. Ein Talar darf daher nicht von jedem getragen werden: er ist durch Paragraf 132a des Strafgesetzbuches geschützt, in dem es um den Missbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen geht.

Weil der Talar den Körper bis zu den Knöcheln verhüllt und nur Kopf und Hände frei lässt, tritt der sympathische oder auch weniger sympathische Mensch darunter im Vergleich zur Amtsperson etwas in den Hintergrund. Das ist durchaus erwünscht. Früher, als die Menschen meist festlich und schwarz gekleidet zum Gottesdienst gingen, entfaltete der Talar eine feierlich-würdevolle Wirkung. Heute hingegen schafft das „lange Schwarze“ in der bunten Vielfalt der Gemeinde leicht einen Abstand, der absolut nicht erwünscht ist. Doch wählt man stattdessen Stola oder Albe, weckt das Assoziationen zum katholischen Priesteramt. Manche Pfarrerinnen und Pfarrer bevorzugen daher wieder zivile dunkle Kleidung.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. September 2013 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe .

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Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.

Kommentare zu diesem Artikel

  • Joachim Giesen schrieb am 16. Oktober 2014

    So trist wie die schwarze Berufskleidung ist auch mancher evangelische Gottesdienst: erhabenes Salbadern, so wie es in den Predigerseminaren
    (immer noch?) trainiert wird. Was der evangelischen Kirche fehlt, ist das Begreifen und Umsetzen, dass Religion auch eine sinnliche, gefühlsmäßige Komponente haben muss. Wir Menschen werden nun mal von unseren Gefühlen geprägt und diese entscheiden, ob wir vieles freudig annehmen oder als, ja, dumpf empfinden. Die Kleidung der Pfarrer und Pfarrerinnen muss nun wirklich nicht katholisch werden, Etwas mehr Farbe und ein weniger „preussischer Amtsschnitt“ täte aber gut, wäre fröhlicher und würde nach außen hin signalisieren: auf geht’s, kommt her, wir verkünden eine frohe Botschaft und kein Begräbnis!
    Gruß aus München
    Joachim Giesen