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Von – 4. September 2013

Waffenhandel: Auch Deutschland verdient am Krieg

Der Freiburger Rüstungskritiker Jürgen Grässlin sprach in der Evangelischen Akademie Frankfurt über sein neues „Schwarzbuch Waffenhandel“. Darin zeigt er, wie Deutschland von den Kriegen anderswo profitiert.

Schwarzbuch WaffenhandelEin Stuhl bleibt leer auf der Bühne im voll besetzten Saal der Evangelischen Akademie auf dem Römerberg. Auf diesem Platz hätten sich die Veranstalter einen Vertreter der Waffenindustrie gewünscht. Es hatte jedoch keiner zugesagt.

Das ist wenig verwunderlich. Heißt doch der Redner an diesem Abend Jürgen Grässlin. Der Freiburger Autor und Protagonist der Friedensbewegung ist kritischer Aktionär bei Daimler und führt aktuell einen Prozess gegen den Waffen- und Munitionshersteller Heckler und Koch aus Oberndorf am Neckar wegen illegaler Lieferungen nach Mexiko.

Waffengeschäfte sind in der Regel völlig legal

Soeben hat Graesslin sein Werk „Schwarzbuch Waffenhandel – Wie Deutschland am Krieg verdient“ veröffentlicht. Darin beleuchtet er detailgenau, was Unternehmen wie Rheinmetall, Thyssen-Krupp, EADS, aber auch die vielen nur als Uhrenhersteller bekannte Firma Junghans aus dem Schwarzwald bauen und verbreiten. Und zwar  in der Regel völlig legal, seien es der Spürpanzer Fuchs, das neue Kriegsflugzeug Airbus A400 M oder Granatenzünder.

Das Thema Waffenhandel ist nicht nur wegen des Bürgerkriegs in Syrien und der schwelenden Konflikte in der arabischen Welt aktuell. Die Rolle von Deutschland als weltweit drittgrößtem Rüstungsexporteur wird zurzeit intensiv diskutiert: ob Panzerlieferungen an Saudi-Arabien oder Indonesien, Kleinwaffenverkäufe in weltweite Krisengebiete oder die jüngsten Debatten um militärische Drohnen.

Deutsche Waffenexporte steigen Jahr für Jahr

Zugleich hat die UN -Generalversammlung im Juni 2013 ein Abkommen zur allgemeinen Kontrolle des Waffenhandels verabschiedet, von dem sich Grässlin allerdings wenig verspricht: „Es wird sich nicht viel ändern.“ Der Autor zeigt, wie sich seit der Regierungszeit von Rot-Grün Anfang der Nullerjahre die deutschen Waffenexporte jedes Jahr gesteigert haben. Angela Merkel sei als Vorsitzende des Bundessicherheitsrates bereits auf Rekordkurs für das Jahr 2013.

Allein im ersten Halbjahr habe die Bundesregierung Waffenexporte im Wert von 800 Millionen Euro allein in die Golfstaaten genehmigt. Doch Grässlin zitiert nicht nur Statistiken. Er zeigt verstörende Bilder: Von Streumunitionswerfern auf Daimlerfahrzeugen und Menschen in afrikanischen Kriegsgebieten, die von den Schüssen aus Heckler-und-Koch-Gewehren schwer verwundet sind.

Zynische Werbeprospekte der Waffenhersteller

„Nicht die Großartillerie ist für die Mehrzahl der Kriegstoten und -verletzten verantwortlich“, erklärt er. „63 Prozent der Opfer wurden von Munition aus Kleinfeuerwaffen getroffen.“ Grässlin zitiert die zynische Sprache der Waffenhersteller aus deren Prospekten und Internetseiten, in denen ein Gewehr etwa als „ideal zur Liquidierung von Weichzielen“ angepriesen wird. Und er weist auf ein Paradox hin: „In Umfragen geben 78 Prozent der Deutschen an, sie seien dafür, ein Verbot von Rüstungsexporten ins Grundgesetz aufzunehmen. Die Regierung handelt also gegen den Willen der Mehrheit! Und dennoch sind die Proteststürme sehr gering.“ Er ruft auf, mit Petitionen und Postkarten gegen die tödlichen Geschäfte zu protestieren. „Als Kirche und Friedensbewegung müssen wir auf die Bundesregierung einwirken.“

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 4. September 2013 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe , .

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Anne Lemhöfer interessiert sich als Journalistin und Autorin vor allem für die Themen Kultur, Freizeit und Gesellschaft: www.annelemhoefer.de.