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Von – 10. Oktober 2013

Sich am „Genug“ orientieren

Wann soll man schlemmen, wann soll man verzichten? Die Suche nach dem, was ausreicht, um ein gutes Leben zu führen, ist gar nicht so einfach.

Arc De TriompheDass das Prinzip des „immer mehr“ ein Irrweg ist, hat sich längst herumgesprochen. Nicht nur, weil die Ressourcen der Erde endlich sind. Wer einmal eine Wohnung entrümpelt hat, in der sich über Jahrzehnte immer mehr Dinge angesammelt hatten, oder wer schon mal am Tag nach einer alkoholträchtigen Feier mit einem fetten Kater aufgewacht ist, weiß, dass die Rede vom „Zuviel des Guten“ nicht nur eine Phrase ist.

Doch das Verzichten hat auch so seine Tücken. Wer selbst ein allzu asketisches Leben führt, neigt leicht zum Hochmut und dazu, sich über andere zu erheben: Wie, du isst Fleisch? Fährst noch Auto? Benutzt ein Smartphone? Das ist ja ungeheuerlich!

Religiöse Denker wie Siddharta Gautama, der Begründer des Buddhismus, oder auch der Reformator Martin Luther wandten sich gegen das Asketentum in ihren Religionen und warben stattdessen für ein maßvolles Leben. Dafür, ein Gespür zu entwickeln, wann es „genug“ ist: nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig, weder Überfluss noch Mangel.

Doch dieses Maß zu finden, also zu wissen, wann man genug hat, das ist gar nicht so einfach. Menschen sind individuell, sie haben unterschiedliche Bedürfnisse und Vorlieben. Man kann nicht so einfach von oben herab festlegen, was für die Einzelnen jeweils „genug“ ist. Andererseits ist es aber auch nicht nur eine Frage individueller Entscheidungen, denn das, was ich brauche – und verbrauche – betrifft auch immer die anderen Menschen und die gemeinsame Welt.

Sich am „Genug“ zu orientieren ist vielmehr eine ständige Aufgabe, eine Frage, die man sich selbst immer wieder stellen und über die man mit anderen diskutieren solllte. Das Erntedankfest, das immer im Herbst gefeiert wird – in diesem Jahr war es am 6. Oktober – ist so eine Möglichkeit. Denn da geht es in Gottesdiensten und Gemeindeveranstaltungen genau darum: Sich der vorhandenen „guten Gaben Gottes“ bewusst zu werden, dafür Dankbarkeit zu zeigen, sich mit anderen darüber auszutauschen, was wir brauchen (und was nicht), und Wege zu suchen, wie die Ressourcen dieser Erde so eingesetzt werden können, dass alle Menschen gut leben können.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 10. Oktober 2013 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe .

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Dr. Antje Schrupp ist geschäftsführende Redakteurin von Evangelisches Frankfurt. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com.