Hinweis

Diese Website wurde am 28. November 2017 archiviert. Neues Online-Angebot: Evangelische Kirche in Frankfurt.

Aktuell

Von – 23. Februar 2014

Jüdische Witze bei koscherem Wein

Bei einem Kleinkunstabend in der Lutherkirche nahm Petra Kunik das Publikum mit auf einen Streifzug durch die Welt des jüdischen Humors.

Petra Kunik bei ihrem Vortrag in der Lutherkirche im Nordend. Foto: Rolf Oeser

Petra Kunik bei ihrem Vortrag in der Lutherkirche im Nordend. Foto: Rolf Oeser

Der jüdische Witz ist legendär. In den 1920er Jahren kursierten jüdische Witze in den Cafehäusern von Wien bis Berlin, und auf den Bühnen jubelten die Menschen den Kabarettisten zu.

Wunderbar vortragen kann diese humorvollen Dialoge zwischen der jiddischen Mame und dem Tate, dem Cohn, dem Grün oder dem Rebbe die Frankfurter Schriftstellerin und Schauspielerin Petra Kunik. Sie ist auch Mitglied der Jüdischen Gemeinde und hat den Klang der jiddischen Sprache bereits als Kind in ihrer Familie vernommen.

Mit dem hebräischen Trinkspruch „L’achayim“ – „Auf das Leben!“ – eröffnete sie einen Kleinkunstabend unter dem Motto „Koscherer Wein und jüdischer Humor“ in der Lutherkirche im Nordend. Sie hob das Weinglas, prostete den zahlreich erschienenen Gästen zu und machte deutlich, dass dieser Abend ein heiterer sein würde.

„Gott lacht nicht über seine Geschöpfe, sondern mit seinen Geschöpfen“ zitierte sie einen Satz aus dem Talmud und erzählte von den Ursprüngen des jüdischen Humors. Er reicht zurück bis ins Mittelalter, wo der fahrende Sänger Süßkind von Trimbach bei Hofe große Erfolge hatte. Überliefert sind auch zahlreiche Witze von den weisen Männern von Chelm (vergleichbar den Schildbürgern), zum Beispiel dieser: „Was ist wichtiger, die Sonne oder der Mond? – Natürlich der Mond, denn er scheint, wenn es dunkel ist. Wenn die Sonne scheint, ist es sowieso hell“.

Jüdische Witze sind unterhaltsam, witzig und belehrend, sie spiegeln die Lebensweise von Jüdinnen und Juden und lassen auch Kommentare zu den Heiligen Schriften, zu Thora und Talmud, nicht aus. Doch der jüdische Witz ist auch geprägt von den Traumata der jüdischen Geschichte. „Witz ist die letzte Waffe der Wehrlosen“, sagte schon Sigmund Freud. Die Witze aus den Zeiten der Verfolgung sind bitter und doppelbödig. Sie tragen in sich die Trauer über Verhältnisse, denen sie ausgeliefert sind.

Kunik lässt ihr Publikum an allen Aspekten der jüdischen Kultur des Lachens teilhaben. Sie verfällt in den leichten Singsang des Jiddischen, untermalt ihre Rede mit ausdrucksvoller Mimik, Sie rauft sich die Haare und jammert, wenn sie in die Rolle der jiddische Mame oder des Rabbi schlüpft.

Etwa wenn der eine unwillkommene Botschaft vom Himmel empfängt und prompt klagt: „Au wee, au wee, für die anderen sorgst du, lieber Gott, aber für mich hast du nur den Vogelschiss.“

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 23. Februar 2014 in der Rubrik Kultur, erschienen in der Ausgabe , .

Artikel teilen: E-Mail Facebook Twitter Google+

Kommentare zu diesem Artikel

  • Monika McAllistair schrieb am 24. Februar 2014

    Kennen Sie eine jüdische Gemeinde irgendwo auf der Welt, die sich mit evangelischem Humor beschäftigt? Nein? Ich weiß warum: Entweder gibt es in der „strengen“ protestantischen Tradition keinen Humor, dessen man sich erbauen könnte, oder eine „normale“ israelitische Gemeinde – oder auch muslimische, hinduistische oder griechisch-orthodoxe – würde sich mit die eigene Verkündigung, Kultur und Tradition in den Vordergrund stellen. Fällt den steuerfinanzierten EKD-Funktionären eigentlich noch auf, wie untreu, prinzipienlos, beliebig, relativistisch und abgehoben sie sind? Und das in Zeiten des Reformationsjubiläums, Luther würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.