Immer wieder kommt es vor, dass Kirchengemeinden Menschen in ihren Räumen aufnehmen, um sie vor einer drohenden Abschiebung zu schützen. Wenn alle Rechtsmittel ausgeschöpft sind, sehen manche in einem solchen „Kirchenasyl“ die letzte Möglichkeit, um in einem konkreten Einzelfall Menschenrechtsverletzungen zu vermeiden und Gefahr für Leib und Leben im Rückkehrland abzuwenden.
Immer mehr Gemeinden öffnen sich derzeit zum Asyl – häufig mit Erfolg, sagt die Statistik. Der zuletzt deutliche Anstieg der Fälle hat nach Meinung von Experten wie dem Bewegungsforscher Dieter Rucht damit zu tun, dass die Konflikte um Aufenthaltsrecht und Asyl zugenommen haben.
Das Wort „Asyl“ leitet sich vom griechischen „asylon“ ab und bedeutet Zufluchtsstätte. 1983 kam es zum ersten deutschen Kirchenasyl in der Heilig-Kreuz-Gemeinde in Berlin-Kreuzberg. Drei palästinensische Familien aus dem Libanon baten um Unterstützung, weil sie in ihr vom Bürgerkrieg zerrüttetes Heimatland abgeschoben werden sollten.
Kirchenasyl bedeutet meist vor allem eines: einen Zeitgewinn für die Betroffenen im Verfahren, erneute Prüfungen, am Ende vielleicht auch Anerkennung als Asylberechtigte. „Wir wissen zurzeit von 38 Kirchenasylen mit mindestens 83 Personen, davon etwa 34 Kinder“, schreibt die „Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche“ auf ihrer Internetseite und gibt an, in mehr als zwei Dritteln der Fälle Erfolg zu haben. Das heißt aber nicht unbedingt ein Bleiberecht.
Rein rechtlich gibt es den Terminus Kirchenasyl nicht. Das Gewaltmonopol des Staates gilt ohne Ausnahme, also auch für die Kirchen. Juristisch macht es keinen Unterschied, ob ein Mensch in einer Kirche, bei einer anderen Institution oder in einem Privathaushalt Zuflucht sucht. Trotzdem akzeptieren es die Behörden fast immer, wenn sich eine Gemeinde um einen Flüchtlingsfall kümmert. Bilder von gewaltsamen Räumungen in Gotteshäusern will keine Landesregierung erklären müssen.