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Aktuell

Von – 8. Juli 2014

Predigen und managen

Die Frankfurter Stadtsynode hat am 9. Juli erstmals einen Stadtdekan gewählt. Achim Knecht wird sein Amt im September antreten. Was es mit der Führungsstruktur der evangelischen Kirche auf sich hat und welche Aufgaben auf den neuen Stadtdekan zukommen, erklärt Horst Peter Pohl, der Amt in der Übergangszeit kommissarisch innehat.

Horst Peter Pohl ist Pfarrer in der City-West und im Europaviertel und leitet kommissarisch das Frankfurter Stadtdekanat. Foto: Rolf Oeser

Horst Peter Pohl ist Pfarrer in der City-West und im Europaviertel und leitet kommissarisch das Frankfurter Stadtdekanat. Foto: Rolf Oeser

In der evangelischen Kirche in Frankfurt wächst jetzt zusammen, was zusammen gehört. Die vier Dekanate sind zu einem Stadtdekanat geworden, und das wiederum verbindet sich mit dem Evangelischen Regionalverband unter einer gemeinsamen Leitung.

Die evangelische Kirche ist eine synodal geführte Kirche. Das heißt: auf allen Ebenen wird sie geistlich und juristisch geleitet von einem Gremium, dem zum weit überwiegenden Teil Ehrenamtliche angehören. Auf der Ebene der Gemeinden sind das die Kirchenvorstände, auf der Ebene der Landeskirche sind es die Kirchensynode und die Kirchenleitung. Für Frankfurt ist es die Dekanatssynode mit dem Dekanatssynodalvorstand.

Hundert Millionen Euro Jahresumsatz

Während bisher in den Dekanaten den Vorsitz im Vorstand ein ehrenamtliches Mitglied hatte, hat man in Frankfurt bewusst die Rollen getauscht. Hier hat nun der Stadtdekan oder die Stadtdekanin den Vorsitz. Grund war die Einsicht, dass ein Verband mit mehr als tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und mehr als hundert Millionen Euro Jahresumsatz nicht ehrenamtlich geführt werden kann.

Ehrenamtlich ist jedoch weiterhin die stellvertretende Vorsitzende. Sie leitet nun als „Präses“ die Stadtsynode und ist damit so etwas wie die „oberste Repräsentantin“ der Ehrenamtlichen geworden. Der Rollenprofilierung hat das sicher gut getan.

Repräsentieren, moderieren, auch mal durchgreifen

In dieser neuen Konstellation richten sich große Erwartungen an die neue Stadtdekanin oder den Stadtdekan. Skeptiker meinen gar, die Fülle von Aufgaben sei von einer Person gar nicht zu bewältigen: Sie muss den Regionalverband gleichermaßen leiten wie das Dekanat, sie muss eine gute Theologin sein und gleichzeitig das große Einmaleins der Verwaltungsarbeit gelernt haben. Sie muss repräsentieren können und Stapel von Post bearbeiten. Sie muss führen können und die Mitspracherechte von Ehrenamtlichen respektieren und fördern. Sie muss repräsentieren können und Schreibtischarbeit leisten. Sie muss durch Moderation führen können und sich doch nicht scheuen, auch einmal durchzugreifen.

Trotzdem: ich halte die Aufgabe für leistbar. Mit den beiden Prodekaninnen oder Prodekanen, den Leitern der Fachbereiche und dem Leiter der Verwaltung des Regionalverbandes gibt es ein kompetentes hauptberufliches „Kollegium“, der geschäftsführende Vorstand und natürlich die stellvertretende Vorsitzende unterstützen ebenfalls.

Wie in vielen Berufen wird das Wichtigste nicht unbedingt die meiste Zeit in Anspruch nehmen. Die meiste Zeit wird die Leitung des Regionalverbandes erfordern: immerhin ein Betrieb, der von der Zahl der Beschäftigten mittlerweile zu den hundert größten in Hessen gehört.

Die Synode des Frankfurter Stadtdekanats trifft alle wichtigen Entscheidungen, die die Kirche betreffen. Vertreten sind Delegierte aus allen Gemeinden, davon sehr viel mehr Ehrenamtliche als Pfarrerinnen oder Pfarrer. Foto: Rolf Oeser

Die Synode des Frankfurter Stadtdekanats trifft alle wichtigen Entscheidungen, die die Kirche betreffen. Vertreten sind Delegierte aus allen Gemeinden, davon sehr viel mehr Ehrenamtliche als Pfarrerinnen oder Pfarrer. Foto: Rolf Oeser

„Macht man da nicht nur Verwaltung?“

„Macht man da nicht nur Verwaltung?“ wurde ich als kommissarischer Stadtdekan oft gefragt. Nein, die Einrichtungen der Diakonie, der Jugend- und Erwachsenenarbeit, der Kindertagesstätten und der Beratungsstellen sind schließlich genauso Kirche wie die Gemeinden. Das Zusammenwachsen beider Bereiche zu fördern ist Aufgabe der Stadtdekanin oder des Stadtdekans.

Das Wichtigste aber wird sein, dass dieser Mensch glaubwürdig für die evangelische Kirche in Frankfurt steht. Für mich heißt das vor allem, er muss glaubwürdig von Gott reden können. Auch in Gottesdiensten und Predigten, vor allem aber im Alltag der Stadt. Ich wünsche mir, dass dieser Mensch eine Vision von Kirche in der Stadt hat und sie im Gespräch mit andern umsetzen kann. Diese großartige evangelische Kirche in Frankfurt mit ihren lebendigen Gemeinden und ihren unglaublich vielen und effektiven übergemeindlichen Diensten braucht Zukunftsimpulse.

Es ist schon ein Spagat, der da geleistet werden muss: geistliche Leitung sein und einen Betrieb effizient führen. Ich persönlich bete und vertraue darauf, dass Gott seiner Kirche Menschen schickt, die diesen Spagat bewältigen können.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 8. Juli 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe , .

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Horst Peter Pohl ist Pfarrer in der Dreifaltigkeitsgemeinde - City-West, Rebstock und Europaviertel - sowie kommissarischer Stadtdekan. Er bloggt auch unter nichtallzufromm.blog.de.