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Von – 13. September 2014

Erinnern im Medienwandel

Trauerhaltestelle, spirituelle Portraits, QR-Codes am Grabstein: Eine Ausstellung in der Matthäuskirche zeigt neue Formen des Gedenkens und künstlerische Zugänge zur Erinnerungskultur.

Aufbau der „Trauerhaltestelle“ im Garten der Matthäuskirche. Der neu entwickelte Gedenkort des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur ist jetzt in Frankfurt erstmals öffentlich zu sehen. Foto: Ilona Surrey

Aufbau der „Trauerhaltestelle“ im Garten der Matthäuskirche. Der neu entwickelte Gedenkort des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur ist jetzt in Frankfurt erstmals öffentlich zu sehen. Foto: Ilona Surrey

Die kleinen, mit schwarzen und weißen Punkten bestückten Quadrate sind längst auch auf Friedhöfen präsent. So genannte „QR-Codes“ (eine Abkürzung von „quick response“, „schnelle Antwort“) helfen hier der Erinnerung auf die Sprünge: Man hält einfach das Smartphone vor den am Grabstein angebrachten Code, und schon öffnet sich eine Internetseite mit Informationen über den Verstorbenen.

Welche Vielfalt mittlerweile in öffentlichen wie privaten Formen des Gedenkens existiert, führt jetzt die Ausstellung „Denk Mal. Erinnern im Medienwandel“ vor Augen. Die klassische Haarlocke ist in der Matthäuskirche ebenso vertreten wie wertvolle Stücke aus dem Kasseler Museum für Sepulkralkultur oder Objekte der Bildenden Kunst.

Die mitwirkende Künstlerin Ina Pause-Noack zeigt einen ihrer Beiträge zur Ausstellung: "Weiblicher Lebensbaum" heißt das  Gemälde. Foto: Ilona Surrey

Die mitwirkende Künstlerin Ina Pause-Noack zeigt einen ihrer Beiträge zur Ausstellung: „Weiblicher Lebensbaum“ heißt das Gemälde. Foto: Ilona Surrey

Und eben das Erinnern mittels neuer Medien. Der mit einem QR-Code versehene „Denkstein“ für Gerald Hintze, den 2012 verstorbenen Kurator der Weißfrauen Diakoniekirche, habe den Anstoß für das Projekt gegeben, das ihm auch gewidmet sei, sagt Initiator Wolfgang Nethöfel vom Kirchenvorstand der Hoffnungsgemeinde.

Es gehe um mehr als nur um eine Ansammlung von Exponaten. Die Künstlerin Gabriele von Lutzau gedenkt mit ihrer „Seelenvögel“-Installation der Opfer des Massakers 2011 im norwegischen Utoya. Ina Pause-Noak zeigt „Spirituelle Portraits“, für die sie auch kremierte Asche benutzt, und die Hinterbliebenen eine ortsunabhängige Verbindung zu den Verstorbenen ermöglichen. Zu sehen sind auch ein mit früheren Fotos bedrucktes Totenkleid oder ein sprechender Grabstein, der den Toten akustisch „wiederbelebt“.

Die Ausstellung wolle zeigen, „wie wir unser kulturelles Gedächtnis im Medienwandel bewahren, um uns gemeinsam mit Menschen anderer Traditionsgemeinschaften in einer global vernetzten Welt nachhaltig orientieren zu können“, so Nethöfel.

Wolfgang Nethöfel vom Kirchenvorstand der Hoffnungsgemeinde, der die Ausstellung initiiert hat, packt einen Kindersarg aus dem 18. Jahrhundert aus, der ebenfalls zu sehen ist. Foto: Ilona Surrey

Wolfgang Nethöfel vom Kirchenvorstand der Hoffnungsgemeinde packt einen Kindersarg aus dem 18. Jahrhundert aus, der ebenfalls zu sehen ist. Foto: Ilona Surrey

In diesem Sinne wurde auch die mobile „Trauerhaltestelle“ entwickelt, die jetzt in Frankfurt erstmals öffentlich zu sehen ist. Der rund zwanzig Quadratmeter große, aus zwei ineinander greifenden Betonklammern bestehende Raum bietet Menschen unabhängig von Konfessionen und Kulturen die Möglichkeit, verstorbener Angehöriger zu gedenken.

Das Kuratorium Deutsche Bestattungskultur will damit „dem Wunsch nach neuen Formen der Trauerbekundung“ Rechnung tragen, wie Geschäftsführer Oliver Wirthmann sagte. Zugunglücke, Amokläufe oder ähnliche Katastrophen können nach Ansicht des Theologen Anlässe sein, die Trauerhaltestelle einzusetzen. Das Verteidigungsministerium ziehe sie bereits als Gedenkort für getötete Soldaten oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen in Erwägung.

Die Ausstellung ist noch bis 28. September in der Matthäuskirche, Friedrich-Ebert-Anlage 33, zu sehen – täglich von 17 bis 19 Uhr, nach den Gottesdiensten sowie nach Vereinbarung. Infos über das Gemeindebüro unter Telefon 069 90747980.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 13. September 2014 in der Rubrik Kultur, erschienen in der Ausgabe , .

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