Hinweis

Diese Website wurde am 28. November 2017 archiviert. Neues Online-Angebot: Evangelische Kirche in Frankfurt.

Aktuell

Von – 14. Oktober 2014

Handschriftliches Gedenken

Gedenktafeln für die Opfer des Zweiten Weltkriegs oder für gefallene Soldaten gibt es viele, auch in Kirchen. Eine außergewöhnliche und vor allem außergewöhnlich aufwändige Form der Erinnerung lässt sich allerdings in der Emmauskirche in Eschersheim besichtigen.

Gedenken Emmauskirche

Anfang der 1950er Jahre schrieb die damalige Gemeindesekretärin Emmy Hertweck die Lebensläufe aller Gefallenen und Kriegsopfer auf. Foto: Antje Schrupp

Vor einer schlichten Gedenktafel aus Holz liegt rechts im Altarraum ein dickes Buch aus, in dem die Lebensläufe von 175 Gemeindemitgliedern fein säuberlich notiert sind: 127 gefallene Soldaten, 39 Vermisste und 9 Gemeindemitglieder, die im Bombenkrieg starben.

Das Buch sei Anfang der 1950er Jahre von der damaligen Gemeindesekretärin Emmy Hertweck geschrieben worden, sagt Dieter Epping von der Emmausgemeinde. Es ersetzte die vielen kleinen Kränze, mit denen bis dahin an die Toten erinnert worden war. Im Dezember 1942 hatte der Kirchenvorstand beschlossen, für jeden gefallenen Soldaten aus der Gemeinde einen Kranz in der Kirche aufzuhängen. Diese Kränze blieben auch nach Kriegsende hängen, bis 1951 die andere Lösung gefunden wurde.

Emmy Hertweck hatte bereits während des Krieges die Namen und Daten von Gefallenen und Vermissten in zwei Heften festgehalten. Sie trugen die Aufschrift „Unsere gefallenen Helden“ und waren mit stramm nationalsozialistischen Worten eingeleitet: „Es fielen aus unserer Emmaus-Gemeinde für Führer, Volk und Vaterland folgende Gemeindeglieder…“

Für das neue Buch beschaffte Hertweck weitere Angaben über das Leben der Opfer, verfasste die Texte und trug sie in akkurater Handschrift auf die Seiten ein. Wochen, wenn nicht Monate muss das gedauert haben. Unfreiwillig schuf sie so ein Dokument, das jedem Heldenpathos Hohn spricht. „Je mehr man sich mit den einzelnen Schicksalen beschäftigt“, so Dieter Epping, „umso hohler klingt das Pathos vom Heldentod und dem Sterben für eine Ideologie.“

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 14. Oktober 2014 in der Rubrik Bücher & Filme, Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe , .

Artikel teilen: E-Mail Facebook Twitter Google+

Dr. Antje Schrupp ist geschäftsführende Redakteurin von Evangelisches Frankfurt. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com.