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Von – 7. Oktober 2014

Thomasmessen in Sachsenhausen: Zweifeln erlaubt

Selbst innerhalb der evangelischen Kirche glauben 28 Prozent der Mitglieder nicht an Gott oder sind unschlüssig, was sie glauben sollen. Für sie gibt es jetzt in der Sachsenhäuser Dreikönigskirche spezielle Gottesdienste, so genannte „Thomasmessen“.

Auf Zetteln konnten die Teilnehmer Wünsche und Klagen notieren. Foto: Rolf Oeser

Auf Zetteln konnten die Teilnehmer Wünsche und Klagen notieren. Foto: Rolf Oeser

Das Ergebnis der kürzlich veröffentlichten Studie der Evangelischen Kirche in Deutschland habe sie nachdenklich gemacht, sagt Pfarrerin Silke Alves-Christe. Um den zweifelnden Kirchenmitgliedern etwas anzubieten, veranstaltet sie jetzt in der Dreikönigskirche am Sachenhäuser Ufer regelmäßige „Thomasmessen“: Gottesdienste, die sich speziell an Zweifler und Zweiflerinnen richten.

Thomasmessen sind ursprünglich in Finnland entstanden, aber längst auch in Deutschland bekannt. Benannt sind sie nach dem Jünger Thomas, der manchmal auch den Beinamen „Der Ungläubige“ hat. Er bestand nämlich darauf, den auferstandenen Jesus anzufassen, bevor er an ihn glauben konnte. Im Johannesevangelium wird Thomas auch „Zwilling“ genannt. „So, wie jemand zwei Seelen in seiner Brust haben kann, hat auch der ungläubige Thomas zwei“, sagte Christe-Alves in ihrer Predigt, „eine, die Jesus nachfolgt, die sein Vertrauen ganz auf ihn setzt, und eine zweite, die sagt: Ich glaube nicht, dass er auferstanden ist, solange ich es nicht sehe!“

Feste Elemente einer Thomasmesse sind, ähnlich wie bei einem normalen Gottesdienst, Musik, Gebet, Bibeltext, Predigt und Abendmahl für alle, die das möchten. Dazwischen liegt aber, im Gegensatz zu anderen Gottesdiensten, eine halbe Stunde „offene Zeit“ mit verschiedenen Angeboten. In der Dreikönigskirche konnten sich die Besucherinnen und Besucher im Altarraum persönlich segnen lassen, auf der Südempore mit jemandem über Sorgen und Zweifel sprechen oder auf der Nordempore Taizéelieder singen.

In den Seitenschiffen hatten sie die Möglichkeit, Gebetskerzen anzuzünden, Zettel mit Klagen in eine kleine Backsteinmauer zu stecken, Zweifel und Fürbitten aufzuschreiben oder in der alten Pfarrsakristei in die Stille zu gehen. „Wichtig ist aber auch, dass niemand etwas muss, und dass am Schluss noch einmal alle zusammenkommen“, sagte Alves-Christe. Bei den Vorbereitungen wurde sie von einem 16-köpfigen ehrenamtlichen Team unterstützt, die Musik der Thomasmesse kam vom Chor „Three King-Singers“.

28 Prozent der Evangelischen sind sich ihres Glauben snicht sicher: Pfarrerin Silke Christe-Alves war durch die Ergebnisse einer Mitgliederstudie der evangelischen Kirche nachdenklich geworden. Foto: Rolf Oeser

28 Prozent der Evangelischen sind sich ihres Glaubens nicht sicher: Pfarrerin Silke Christe-Alves (rechts) war durch die Ergebnisse einer Mitgliederstudie der evangelischen Kirche nachdenklich geworden. Foto: Rolf Oeser

„Zweifel halten wir für einen Feind des Glaubens, den wir am besten gar nicht zu Wort kommen lassen, um nur ja gute Christen zu sein, aber Jesus hatte keine Berührungsängste mit Zweiflern“, betonte Christe-Alves.

Nach der Messe konnte man sich noch bei Saft und Brezeln austauschen. „Ich bin katholisch aufgewachsen und mir gefallen die sinnlichen Elemente an dieser Art Messe“, sagte Anke Sypli. Sie fand es „gut, dass man sich bei dieser Art Gottesdienst aussuchen kann, was man gerade am meisten braucht. Aber ich finde auch, dass Zweifelnde und ihre Zweifel das nächste Mal im gemeinsamen Teil stärker zu Wort kommen sollten.“

Heinz Uphoff gefällt, „dass man sich mit der Liturgie nicht auskennen muss. Das ist ja für viele, die lange nicht in der Kirche waren, eine Hemmschwelle. Hier kann jeder mitsingen, mitbeten und mitmachen oder das Ganze auch einfach nur auf sich wirken lassen.“ Es seien viele Neugierige aus der Kerngemeinde gekommen, bilanziert Pfarrerin Christe-Alves, aber etwa ein Drittel der Gäste habe sie nicht gekannt.

Die nächste Thomasmesse in der Dreikönigskirche am Sachsenhäuser Ufer (in der Nähe des Eisernen Stegs) findet am Samstag, 1. März 2015, um 17.30 Uhr statt.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 7. Oktober 2014 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe , .

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Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".