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Von – 10. Dezember 2014

Das Recht von Ochs und Esel

Menschen haben eine Verantwortung gegenüber Tieren, soviel ist klar. Aber wie weit reicht die? Genügt es, Massentierhaltung zu kritisieren? Oder sollte man besser gleich vegan leben?

Ochs und Esel sind in fast jeder Krippendarstellung dabei. Nicht nur Menschen, auch Tiere begrüßten den Erlöser. Foto: Leiftryn / fotolia.com

Ochs und Esel sind in fast jeder Krippendarstellung dabei. Nicht nur Menschen, auch Tiere begrüßten den Erlöser. Foto: Leiftryn / fotolia.com

Ochse und Esel stehen an der Krippe und erkennen in dem neugeborenen Sohn von Maria den Erlöser der Welt – so steht es zwar nicht im Neuen Testament, aber die christliche Tradition ist sich da sicher, wie unzählige Krippendarstellungen beweisen. Gott schickt keine Sintflut auf die Erde, ohne vorher sicher zu stellen, dass eine Arche gebaut wird, um die Tierarten zu retten. Und Jesus sagt, wir Menschen sollten uns von den Vögeln abschauen, wie Gottvertrauen aussieht: „Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht, und euer himmlischer Vater ernährt sie.“

Tiere kommen in der Bibel meistens eher gut weg, außer vielleicht die Schlange. Sie überredete Eva und Adam, vom Baum der Erkenntnis zu essen, weshalb wir Menschen nicht im Paradies bleiben konnten. Die Tiere hingegen mussten das Paradies nicht verlassen – ein Detail, das der katholische Theologe Rainer Hagencord für wichtig hält: Tiere, so der Leiter des Instituts für Theologische Zoologie in Münster, lebten im Zustand der „Gottesunmittelbarkeit“. Anders als wir Menschen brauchen sie keine Theologie und Religion, keine Gebete und Rituale, um Gott nah zu sein.

Dass der biblische Auftrag an die Menschen „Macht euch die Erde dienstbar“ nicht ein Blankoscheck zur Ausbeutung ist, sondern ein Aufruf zur Verantwortung, ist heutzutage Konsens. Aber was heißt das? Dass man Tiere nicht quälen soll, würden vermutlich die meisten Menschen unterschreiben. Aber wie sieht es mit ihrer „Nutzung“ aus?

Ein großer Teil menschlicher Nahrungsmittel wird aus Tierhaltung gewonnen. Nicht nur Fleisch und Wurst, sondern auch Milch und Eier und Honig. Leider verläuft die Herstellung dieser Produkte in der Wirklichkeit nicht so, wie es nette Bilderbücher vom „Leben auf dem Bauernhof“ suggerieren. Es ist eine industrielle Produktion, bei der Würde und Lebensqualität von Tieren oft gnadenlos missachtet werden.

Tierethikerinnen und Tierethiker kritisieren aber nicht nur die schlimmen Auswüchse der Massentierhaltung, sondern stellen das Recht von Menschen, Tiere zu „nutzen“, generell in Frage. Ihr Argument: Auch Tiere haben Angst vorm Sterben, auch sie haben ein Recht auf ihr eigenes Leben, auch sie haben eine eigene Bestimmung und sind nicht auf dieser Welt, um uns Menschen als bloßer Zweck zu dienen.

Das Thema Tierethik hat unmittelbare Konsequenzen für den eigenen Alltag. Viele Menschen verzichten auf Fleisch, andere nutzen überhaupt keine tierischen Produkte, leben also vegan. Die Mystikerin Simone Weil hat vorgeschlagen, über schwierige ethische Themen weniger zu räsonieren, sondern vielmehr eigene Gewohnheiten langsam, aber nachhaltig zu ändern. Muss es zum Beispiel an Weihnachten unbedingt Gans sein, oder gäbe es Alternativen?

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 10. Dezember 2014 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe , .

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Dr. Antje Schrupp ist geschäftsführende Redakteurin von Evangelisches Frankfurt. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com.