Nicht Straßenmusiker, auch nicht Marktschreier, sondern Bach dominierte akustisch am Freitag in der B-Ebene der Hauptwache.
Die Passanten blieben leicht irritiert stehen. Die Worte „Ehre sei dir Gott“, dargeboten von Chor und Orchester, waberte durch die B-Ebene der Frankfurter Hauptwache. Dort, wo täglich Tausende zwischen den U- und S-Bahnen hin und her hetzten, erklang diese Zeile aus Bachs Weihnachtsoratorium. „Bach in der U-Bahn“ unter diesem Motto hatte das Evangelische Stadtdekanat eingeladen. Es sollte ein theologischer wie
Inhaltlicher Akzent zum Jahresbeginn sein, wie die Präses und stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Stadtdekanates, Irmela von Schenk, betonte. Für den Frankfurter Verkehrsdezernenten Stefan Majer war es ein ganz neues Hören, Bachs Weihnachtsoratorium „an diesem Ort der Mobilität“ zu erleben. Kantor Michael Riedel von der Petersgemeinde hatte die Idee zu diesem besonderen Jahresauftakt und stellte einen Chor aus 30 Sängerinnen und Sänger aus den Frankfurter Kantoreien zusammen, die von 18 Instrumentalisten begleitet wurden.
„Diese Musik ist heute dort erklungen, wo man auch die Armut in dieser Stadt antrifft, wo gelegentlich auch Menschen ohne Obdach untergekommen sind“, sagte Stadtdekan Achim Knecht beim sich anschließenden Neujahrsempfang in der Paulskirche. Diese Musik habe das Evangelium „mitten im Alltag der Welt erklingen“ lassen.
Aber an diesem Ort werde den Menschen auch ganz praktisch geholfen. So habe in der Katharinenkirche die Winterspeisung begonnen, erläuterte Knecht und führte aus: „So stellen wir uns kirchliche Arbeit vor: Hand in Hand mit vielen Menschen guten Willens, mit denen wir uns verbunden wissen in unserem Auftrag, Menschen in Not zu helfen und sie zu begleiten.“ Auch wolle die evangelische Kirche weiterhin an den kulturellen und gesellschaftlichen Debatten aktiv teilnehmen.
Deutlich trat der evangelische Stadtdekan für die Meinungsfreiheit ein. „Wir beziehen Stellung gegen die Abschottung unserer Gesellschaft im Innern und nach Außen.“ Man verurteile, „wenn religiöse Fanatiker ihre Mitmenschen mit Gewalt und Terror bedrohen und einschüchtern, nur weil sie eine kritische Meinungsäußerung nicht meinen ertragen zu können.“