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Von – 4. April 2015

Auferstehung im Alltag

Ostern erscheint oft als ein Fest der Erinnerung an die Geschehnisse vor 2000 Jahren, vom Einzug Jesu nach Jerusalem über seine Kreuzigung bis hin zum Jubelruf „Er ist auferstanden!“ Doch was hat das alles noch mit heute zu tun?

Anne Delpopolo ist Pfarrerin in der Gemeinde Frieden und Versöhnung im Gallus und Seelsorgerin am Klinikum Frankfurt-Höchst. Foto: Ilona Surrey

Anne Delpopolo ist Pfarrerin in der Gemeinde Frieden und Versöhnung im Gallus und Seelsorgerin am Klinikum Frankfurt-Höchst. Foto: Ilona Surrey

Von der „Auferstehung der Toten“ ist meist die Rede, wenn jemand gestorben ist. Die Auferstehung Jesu Christi vor 2000 Jahren begründete die christliche Hoffnung, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, dass unsere Verstorbenen geborgen und gehalten sind bei Gott. Diese Vorstellung ist ein Trost, denn sie beinhaltet, dass die Toten bei und durch Gott verändert sind: alle Schmerzen, aller Kummer, alle Sorgen sind überwunden.

Aber Auferstehung ist mehr als das, viel näher am Leben. Im Altgriechischen, der Ursprache des Neuen Testaments, gibt es rein sprachlich überhaupt keinen Unterschied zwischen dem theologisch hoch besetzten „Auferstehen“ und dem banal-alltäglichen „Aufstehen“. Für beides wird derselbe Begriff verwendet, beides verweist aufeinander: Jedes „Aufstehen“ hat das Potenzial, eine „Auferstehung“ zu sein. Und so gibt es in der Bibel auch viel mehr Ostergeschichten als nur die eine von Jesu Auferstehung.

Es sind Geschichten aus dem Alltag, die heute noch ganz genauso geschehen: Jemand steht nach langer Krankheit wieder auf, wird also wieder gesund und kehrt zurück ins Leben, so wie die Schwiegermutter des Petrus oder die vielen anderen Kranken, die Jesus heilte. Ein anderer „steht auf“, um einem geliebten Menschen freudig entgegenzueilen, obwohl dieser ihn zutiefst verletzt hatte, so wie der Vater des „verlorenen Sohns“ aus dem gleichnamigen Gleichnis. Immer wieder stehen Menschen auch auf und treffen die mutige Entscheidung, ihr Leben von Grund auf zu verändern, so wie die Jüngerinnen und Jünger, als Jesus sie in seine Nachfolge rief. Das sind nur einige Beispiele für Momente des Aufstehens im alltäglichen Leben, in denen sich Spuren der „Auferstehung“ entdecken lassen.

Manchmal leben Menschen auf. Sie fühlen sich auf einmal wahrhaft lebendig, sie schöpfen wie aus dem Nichts neue Kraft. Es geschieht, dass Bedrückte und Gebeugte wieder aufrecht durchs Leben gehen, oder dass Verunsicherte die Gewissheit erleben, dass sie genau so geliebt werden, wie sie sind, mit all ihren Stärken und Erfolgen, aber auch mit allen Schwächen und allem Scheitern.

Für mich sind das Momente, in denen Gottes Liebe uns Menschen berührt und ein einfaches „Aufstehen“ in „Auferstehung“ verwandelt, genauso wie einst, vor fast 2000 Jahren.

Wie gerne würde ich solche Momente für immer festhalten! Aber sie sind vergänglich. Letztendlich bleiben die Brüche und Risse in unserem Leben erhalten. Die Herausforderungen, vor die wir Menschen gestellt sind, lösen sich nicht einfach auf, Schmerz und Leid bleiben uns nicht erspart – auch das ist in den letzten 2000 Jahren gleich geblieben.

Und doch möchte ich behaupten, dass sich durch Ostern etwas verändert hat. Christin sein, das heißt, darauf zu vertrauen, dass es nichts gibt, was Gottes Liebe den Weg zu uns versperren könnte, nicht einmal der Tod kann das. Diese Hoffnung gilt nicht nur für die Verstorben, sondern auch für uns Lebende.

Oftmals nehmen wir das nur punktuell wahr, vielleicht wie Lichtstrahlen, die uns aus wolkenverhangenem Himmel unverhofft ins Gesicht fallen.

Aber wann immer Menschen Kraft finden, um neu anzufangen, wann immer sie Versöhnung schenken oder erleben, wann immer sie aufgerichtet werden, erfahren sie es: Gottes Liebe wirkt mitten in das Leben hinein.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 4. April 2015 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe , .

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