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Von – 21. Mai 2015

Längst eine Einwanderungskirche

Wie Gemeinden sich für zuwandernde Christen und Christinnen öffnen können

In der Segenskirche in Griesheim sitzen schon lange Menschen aus verschiedenen Nationen zusammen auf der Kirchenbank. Foto: Stephanie von Selchow

In der Segenskirche in Griesheim sitzen schon lange Menschen aus verschiedenen Nationen zusammen auf der Kirchenbank. Foto: Stephanie von Selchow

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Diese Erkenntnis ist langsam in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Dass die evangelische Kirche eine Einwanderungskirche ist, liegt da nahe. Pfarrer Dietmar Burkhardt hat in dem dreijährigen Forschungsprojekt „Evangelische Kirche als Einwanderungskirche“ untersucht, wie sich Gemeinden für Christinnen und Christen anderer Nationalität öffnen können. „Immerhin haben in manchen westlichen Stadtteilen Frankfurts ein Drittel der evangelischen Gemeindemitglieder keine deutschen Wurzeln, sondern sind zugewandert“, stellt Burkhardt fest.

Doch, so das Ergebnis der Untersuchung, den Gemeinden gelingt es nicht hinreichend, Christinnen und Christen aus anderen Ländern zu integrieren. Das ernüchternde Urteil: „Ich fand heraus, dass heute in der evangelischen Kirche immer noch strikt zwischen „drinnen“ und „draußen“ unterschieden wird. So erzählte mir ein nigerianischer Flüchtling, er sei, als er zum Gottesdienst ging, weder begrüßt noch verabschiedet worden, ein Phänomen, das mir immer wieder begegnete.“ Burkhardt vermutet, dass die Aufteilung der Gemeinden nach Bezirken wenig hilfreich für eine interkulturelle Öffnung von Kirchengemeinden ist. „Diese Organisationsform“, so sein Fazit, „schafft eine gemeindliche Identität, die unterscheidet zwischen ’Wir’ und ’die Anderen’.“

Das sei ein Dilemma für Kirche, sagt Burkhardt. Einerseits richte sich das Evangelium an die globalisierte Christenheit und Welt, andererseits organisiere sich der Protestantismus in Deutschland nach dem überlieferten Territorialprinzip. Nicht selten habe er gehört: „Die Migrantengemeinden boomen und wir sterben aus!“ Wenn eine Familie aus Ghana zugleich Mitglied der landeskirchlichen Gemeinde und der baptistisch-nigerianischen Gemeinde ist, so ist das für die Familie kein Problem. Nur: Nach dem Mitgliedschaftsrecht der Landeskirche kann man nicht in zwei Kirchen Mitglied sein.

Burkhardt fordert einen anderen Ansatz in der Gemeindearbeit. „Um die interkulturelle Öffnung von Gemeinden zu erleichtern, scheint das „Dazwischen“ oder der sogenannte „Dritte Raum“ ein hilfreicher Denkansatz.“ Ein Raum also, in dem es keine Gastgeber und Gäste, sondern nur Gäste gibt. Nicht eine Gruppe setze darin die Regeln und die anderen müssten sie befolgen. Burkhardt: „Wenn eine Gemeinde sich als Zwischenraum versteht, so wird sie offen für diejenigen, die neu hinzukommen. Dabei handelt es sich weniger um eine Organisationsform als vielmehr um eine Haltung. Wenn eine Gemeinde sich als „Kirche im Zwischenraum“ versteht, wird sie sich weniger als einladende als vielmehr als selbst eingeladene Gemeinde verstehen.“

Die Studie plädiert für die Entwicklung einer Kirche, in der Gott alle als Gäste einlädt, und in der alle unter dem Willkommen Gottes in Christus als gleichberechtigte Gäste an einem Tisch sitzen. „Gefragt ist also weniger eine Willkommenskultur denn eine Beteiligungskultur.“

Die Studie kann unter di.burkhardt@em.uni-frankfurt.de angefordert werden.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 21. Mai 2015 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe , .

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Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion von "Evangelisches Frankfurt". Mehr über den Publizisten und Erziehungswissenschaftler ist auf www.eimuth.de zu erfahren.