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Von – 22. Mai 2015

Gemeindegrenzen durchlässig machen

Wilfried Steller ist Pfarrer in Fechenheim und Mitglied der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Oeser

Wilfried Steller ist Pfarrer in Fechenheim und Mitglied der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Oeser

Pfingsten will ein Fest der Begeisterung und Bewegung sein, Kirchen und Gemeinden jedoch sitzen in ihren Traditionen fest, hängen in den Seilen ihrer Klientelverbundenheit und fürchten Aufbrüche ins Unbekannte. Zwölf Prozent Beteiligung an der Kirchenvorstandswahl zeigen ein generell hohes Maß an Distanz zwischen den Kirchengemeinden und ihren Mitgliedern. Konfirmanden, die nicht um ihrer selbst willen akzeptiert werden, sondern nur, wenn sie sich unauffällig verhalten, werden nicht in die Gemeinde hineinwachsen. Wenn eine wissenschaftliche Studie nun bestätigt, dass sich die Kirchengemeinden mit einer Willkommenskultur gegenüber Migranten und Migrantinnen schwertun, passt das ins Bild der in Territorialgemeinden organisierten Kirchlichkeit.

Die Gemeinden sind in einer Zwickmühle. Ihr Nährboden ist ein spezifisches Milieu im Stadtteil, welches nach außen den Eindruck einer geschlossenen Gesellschaft vermittelt. Die Kirchenvorstandswahl hat erneut gezeigt, dass die Bekanntheit der Kandidaten und Kandidatinnen ausschlaggebend für ihren Wahlerfolg gewesen ist. Man schmort im eigenen Saft und grenzt Außenstehende aus. So wahrt man zwar familiäre Vertrautheit, wird aber dem Auftrag im Stadtteil nicht mehr gerecht. Die, die zurzeit in den Gemeinden nicht andocken wollen oder können, bleiben außen vor.

Weil ein Großteil der Frankfurter ohnehin einen weiteren Horizont hat als den Stadtteil, in dem sie wohnen, wäre es nicht so abwegig, die Gemeindegrenzen ganz fallen zu lassen und Kirchen und Gemeindezentren mit einem jeweils spezifischen Profil und Angebot zu versehen, die Menschen aus einer größeren Umgebung anziehen. Auch Sportvereine und Restaurants wirken nicht allein durch ihre räumliche Nähe attraktiv, sondern durch ihr Angebot. Bei Kirchens müsste nicht überall ein Vollprogramm angeboten werden, aber mit den spezifischen Talenten ließe sich wuchern. Dabei bliebe Raum für das Stadtteil-Klientel, aber die Türen wären auch für andere Kreise weit geöffnet. Und Evangelisches Frankfurt würde das kirchliche Leben im Großraum Frankfurt journalistisch erschließen und kritisch begleiten.

Eine Umstellung auf Angebot und Nachfrage eröffnet Chancen, birgt aber auch Risiken und schürt Ängste. Andererseits feiern wir an Pfingsten, dass der Heilige Geist Enge und Resignation der überforderten Jünger durchbricht und sie inspiriert zu Offenheit und Gottvertrauen.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 22. Mai 2015 in der Rubrik Meinungen, erschienen in der Ausgabe , .

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Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.