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Von – 4. August 2015

Dinner für Drei: Tischgespräche über Religion

Informelle Begegnungen beim Abendessen vertiefen Beziehungen zwischen Angehörigen verschiedener Religionen und können so zur Basis für „Streiten auf hohem Niveau“ werden.

Im Restaurant des Museums für Moderne Kunst gab es Gelegenheit für Gespräche über Religionsgrenzen hinweg. Foto: Ilona Surrey

Im Restaurant des Museums für Moderne Kunst gab es Gelegenheit für Gespräche über Religionsgrenzen hinweg. Foto: Ilona Surrey

„Man kann jüdisch sein, ohne religiös zu sein“, sagt Andrea Fabian, Mitglied der jüdischen Gemeinde in Frankfurt. „Wie das?“ fragt Bruno Schön, beheimatet in der französisch-reformierten Gemeinde. „Ist das Judentum keine Religion?“ „Nein“, sagt Fabian. „Das Judentum ist eine Kultur und eine Volkszugehörigkeit.“

Das Gespräch an unserem Tisch in der „Freitagsküche“, dem neuen Restaurant im Museum für moderne Kunst, kommt schon bei der Vorspeise zur Sache. Eingeladen zum „Dinner for Three“, zu einem Abendessen für jüdische, christliche und muslimische Menschen, hat der „Trialogische Freundeskreis“ in Frankfurt. Dort treffen sich regelmäßig Menschen aus diesen drei Religionen, darunter auch Ilona Klemens, die Pfarrerin für Interreligiösen Dialog beim Evangelischen Stadtdekanat.

„Jeder von uns hat zu dem Dinner Gäste aus dem eigenen Umfeld eingeladen“, erzählt sie. „Wenn das Echo auf diesen ersten Versuch gut ist, möchten wir das trialogische Gespräch gerne weiter für die Öffentlichkeit öffnen.“  Leon Joskowitz, Koch und Ideengeber des Abends, sagt zur Begrüßung: „Wir wollen in der Stadt deutlich machen, dass Religionen nicht nur Unfrieden stiften, wie es oft wahrgenommen wird.“

Dann spricht Michael Brumlik, emeritierter Professor für Erziehungswissenschaften und Berater beim Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg. Schon im Mittelalter habe es Männer gegeben, die geistige Gastfreundschaft pflegten, erinnert er: „Sie glaubten an die Kraft der Philosophie und der Vernunft.“ So wie Moses Maimonides, der im 12. Jahrhundert Leibarzt des Sultans war, oder Peter Abaelard, der im Frühmittelalter fiktive Gespräche zwischen Juden und Christen schrieb. Der Philosoph Nikolaus von Cusanus habe im 15. Jahrhundert die Quellen der drei Buchreligionen studiert und sei zu dem Schluss gekommen, dass die Unterschiede zwischen ihnen allem in Riten und Gebräuchen liegen, nicht aber in der Verehrung des eines Gottes.

Während des köstlichen mediterranen Essens mit Vorspeise, Hauptspeise und Dessert finden an allen Tischen angeregte Gespräche statt. Es ist ein Austausch in guter Atmosphäre, in der man sich zwanglos kennenlernen oder schon bestehende Beziehungen vertiefen kann. Dies sei eine gute Basis für „Streiten auf hohem Niveau, zum Beispiel über heilige Texte“ – das wünscht sich Roberto Fabian, der Leiter der jüdischen Volkshochschule, in einem spontanen Redebeitrag.

Zum Glück sei ein solcher Austausch in einer offenen, multikulturellen Gesellschaft wie Frankfurt angstfrei möglich. Allerdings dürfe das Gespräch nicht auf das Bildungsbürgertum beschränkt bleiben.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 4. August 2015 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe , .

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Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".