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Von – 29. September 2015

Gott ist nicht „light“

Viele wünschen sich, von Gott behütet und beschützt zu sein, dass Gott ihnen im Leben hilft. Gott ist aber nicht nur für unser Wohlbefinden da, sondern stellt auch Ansprüche.

Jutta Jekel ist Pfarrerin in der Hoffnungsgemeinde im Bahnhofsviertel und am Westhafen. Foto: Ilona Surrey

Jutta Jekel ist Pfarrerin in der Hoffnungsgemeinde im Bahnhofsviertel und am Westhafen. Foto: Ilona Surrey

„Zum Glück gibt es den Segen…“ – so lautete das Motto eines der Impulspostbriefe der hessen-nassauischen Kirche. Als Geschenk gab es dazu ein lila Armbändchen, das ich bis heute manchmal trage. Die Aufschrift ist schon verblichen, ich mag es trotzdem nicht wegwerfen.

„Zum Glück gibt es den Segen….“. Viele Eltern suchen einen Taufspruch, der den Wunsch nach Segen für den Täufling ausdrückt. Behütet soll das Kind sein, bewahrt und gesegnet bleiben, nichts Schlimmes soll ihm passieren, unter Gottes Schutz und Schirm soll es durchs Leben gehen. Das ist verständlich – und trotzdem frage ich mich manchmal: Ist das nicht ein wenig überbehütend? Sollte man dem Sohn, der Tochter nicht auch wünschen, dass sie mutig und beherzt sein können?

Segenswünsche gibt es für viele unterschiedliche Situationen: Segen für die Kinder bei Taufe oder Einschulung, für Paare bei der Hochzeit, Segen beim Umzug, bei Autofahrten, für den Urlaub. Engel, und vor allem Schutzengel, haben Konjunktur. Nicht alles ist gut, was es da auf dem Markt gibt, vieles ist schlicht religiöser Kitsch.

„Schutz und Schirm vor allem Argen…..“, damit soll das Leben leichter von der Hand gehen. Das ist soweit auch in Ordnung, dagegen will ich nichts sagen. Ich bitte selbst oft um Schutz und Segen. Im Gottesdienst spreche ich als Pfarrerin den „aaronitischen Segen“ und freue mich, mit diesen alten Worten die Besucherinnen und Besucher in den Tag und die Woche senden zu dürfen. Schön ist das, es tut auch mir in der Seele gut. Trotzdem habe ich meine Fragen an das so weit verbreitete „Segensbedürfnis“: Machen wir es uns damit nicht zu leicht? Ist da nicht eine Tendenz zum Konsumismus enthalten? Wollen wir vor allem nehmen? Wünschen wir uns, dass Gott uns einfach bequem weiterleben lässt? Basteln wir uns einen „Gott light“ zurecht?

Die Annäherung an Gott – hier eine Meditation in der Rödelheimer Cyriakusgemeinde – braucht die richtige Balance zwischen dem Wunsch, von Gott behütet zu werden und sich von ihm fordern zu lassen. Foto: Rolf Oeser

Die Annäherung an Gott – hier eine Meditation in der Rödelheimer Cyriakusgemeinde – braucht die richtige Balance zwischen dem Wunsch, von Gott behütet zu werden und sich von ihm fordern zu lassen. Foto: Rolf Oeser

Die Formel „Light“-Version steht für ein verführerisches Angebot: Weiter „sündigen“ zu dürfen, ohne die Folgen tragen zu müssen. Wer Cola, Käse und Wurst „light“ isst, so das Versprechen, muss an seinem eventuell ungesunden Essverhalten nichts ändern. Gerade deshalb ist es fraglich, ob Lebensmittel „light“ wirklich gesünder sind und weniger dick machen.

Gott jedenfalls ist kein „Gott light“. Er ist eher ein Schwergewicht. Ja, Gott schenkt uns seinen Segen. Aber er will auch etwas von uns. Und er macht es uns nicht nur leicht. Wo machen wir Platz dafür, dass Gott auch Ansprüche an uns hat? Dass er etwas will mit uns für seine große, weite Welt? Machen wir uns klar, dass Gott uns im Nächsten begegnet, im armen und bedürftigen Nachbarn, im Fremden? In Menschen, die mühselig und beladen durchs Leben gehen?

Gott fordert etwas von uns, nämlich Buße. Umkehr und Erneuerung, wenn wir auf falschen Wegen unterwegs sind. Das ist manchmal schwer, aber es lohnt. Die jüdisch-christliche Tradition gibt eine klare Richtschnur für Leben und Handeln vor. Das sind zunächst die zehn Gebote und vor allem das von Jesus so benannte größte Gebot: „Liebe deinen Nächsten – denn er ist wie du“. Also: Schau auf den Menschen neben dir, gönne ihm das gute Leben, so wie du es für dich möchtest. Aus solch einer Haltung kann Segen entstehen. Das sind die Werte, wie wir Kindern und Jugendlichen vermitteln und beibringen sollten, oder besser noch: vorleben.

Die evangelische Kirche steht nachprüfbar für diese Werte. Sie legt zum Beispiel ihr Geld nach ethischen Gesichtspunkten an. Sie fordert einen freundlichen Umgang mit Flüchtlingen, und viele Kirchengemeinden engagieren sich schon lange in der Flüchtlingshilfe. Die Kirche steht für einen guten Umgang mit der Natur und setzt sich für gerechtes Wirtschaften ein.

Segen bekommen wir geschenkt, vom Himmel auf die Erde. Er soll aber auch etwas bewegen, in uns und für die Welt. Segen ist nicht nur „Schutz und Schirm vor allem Argen“, sondern auch „Stärke und Hilfe zu allem Guten.“

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 29. September 2015 in der Rubrik Gott & Glauben, Meinungen, erschienen in der Ausgabe , .

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Jutta Jekel ist Pfarrerin in der Hoffnungsgemeinde im Bahnhofsviertel und im Westend.

Kommentare zu diesem Artikel

  • Bettina Bäumler schrieb am 20. September 2015

    Hmmmm, schade, dass hier nicht diskutiert wird.
    Gerne möchte ich zu diesem Beitrag etwas anmerken.
    Er scheint mir sehr protestantisch. Strenge dich nur noch mehr an und dann….
    Dabei, so meine ich es verstanden zu haben, ist der Glaube das Wichtigste. Froh stimmt mich zu hören, dass sich wir alten Frauen uns an Gott wenden und so versuchen etwas leichter durchs Leben zu kommen. Sorgt euch nicht, oder werft alle Sorgen auf ihn….tja, wenn einem das mal so gelinge.
    Also daran zu glauben, dass Gott wirklich hilft, ist doch genial.
    Und ganz ehrlich. Wir alten Frauen tun doch wirklich viel für unseren Nächsten. Seit Jahrzehnten meist. Ja, wir sollen uns mehr und mehr ausrichten an dem, was Jesus uns vorlebt. …und was noch alles. Das versuchen wir doch auch. Trotzdem ist keine unserer Handlungen als gut oder schlecht klar zu definieren. Daher stimme ich dem Tenor im Artikel nicht zu. So light sind unsere Leben nicht.