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Von – 24. Oktober 2015

Kleine Asymmetrien

Charlotte Gehrig und Marc Hilgenfeld stellen in ihrer Gold- und Silberschmiede im Nordend Abendmahlsgeschirr, Kreuze und andere „Prinzipalstücke“ für Kirchen her.

Charlotte Gehrig und Marc Hilgenfeld in ihrer Gold- und Silberschmiede im Nordend. Diese beiden Abendmahlskelche haben sie für die Markuskirche in Bockenheim geschaffen. Foto: Rolf Oeser

Charlotte Gehrig und Marc Hilgenfeld in ihrer Gold- und Silberschmiede im Nordend. Diese beiden Abendmahlskelche haben sie für die Markuskirche in Bockenheim geschaffen. Foto: Rolf Oeser

Normalerweise ist ein Teller rund und hat eine ebenfalls runde Vertiefung in der Mitte. Nicht so die Abendmahlsteller von Marc Hilgenfeld und Charlotte Gehrig. Das Ehepaar betreibt eine Gold- und Silberschmiede mit Werkstatt und Laden auf der Eckenheimer Landstraße. Und dort fertigen sie auch Teller, auf denen beim Abendmahl Oblaten oder Brot gereicht werden. Oft sind die aber nicht rund. Oder die Vertiefung in der Mitte hat Ecken. Oder diese Mulde ist zum Rand hin verschoben, wie bei einem neuen Abendmahlsteller aus mattem Silber, der am 1. November in der Epiphaniaskirche am Oederweg eingeweiht wird.

Die kleine Abweichung von der Symmetrie haben sie sich abgeschaut: „Bei griechischen Tempeln ist auch immer eine Unstimmigkeit mit eingebaut“, sagt Marc Hilgenfeld. „Alles Menschliche ist nicht perfekt. Symmetrie finde ich unmenschlich.“

Wenn Hilgenfeld und Gehrig den Auftrag bekommen, liturgisches Gerät oder so genannte „Prinzipalstücke“ wie Taufbecken, Osterleuchter oder Kreuze zu gestalten, schauen sie sich erst einmal die Kirche an, für die die Gegenstände bestimmt sind. Sie reden mit der Pfarrerin und dem Kirchenvorstand, um herauszufinden, was zu dieser Kirche und Gemeinde passt. „Das schärft sich manchmal erst in der Auseinandersetzung“, so Marc Hilgenfeld.

Mit einem Modell aus Gips oder Papier fahren sie dann ein zweites Mal in die Gemeinde. „Dann geht es oft darum, Mut herauszufordern“, erzählt Charlotte Gehrig. „Ich sage zum Beispiel gern: Eine Kanne muss auch nicht unbedingt einen Griff haben.“ Sie und ihr Mann erfinden immer wieder neue Formen. „Wir machen nie einfach dasselbe nochmal. Jede Kirche und jede Gemeinde ist anders, bekommt ihr eigenes, individuelles Gerät. Das Abendmahl ist etwas ganz Besonderes, Teller und Kelch sollen es auch sein.“

Schon als Kind wollte Marc Hilgenfeld die Welt philosophisch durchdringen. Intensiv hat er sich mit der Symbolik des Abendmahlkelches auseinandergesetzt. „Die Kuppa, also der obere Teil, steht für den Himmel, der untere verkörpert die Erde, die Menschen“, erklärt er. „Die Verbindung zwischen beiden, der Nodus, ist vielleicht das Wichtigste.“

Manche Theologen verstünden es so, dass der Mensch durch die Kirche zu Gott kommt. Doch der erste Abendmahlskelch, den Hilgenfeld und Gehrig entwarfen, hatte eine perfekt geformte Kuppa, die innen glänzte. Die Basis, auf der sie ruhte, war unregelmäßig, und die Verbindung zwischen oben und unten sehr luftig – eine eigene, moderne Interpretation. Wichtig ist dem Paar immer auch eine gewisse Leichtigkeit, ihr liturgisches Gerät soll nicht schwer wirken.

„Mittlerweile sind Altargerät und Prinzipalstücke für uns zur Leidenschaft geworden“, sagt Hilgenfeld. Das heißt aber nicht, dass sie keinen Schmuck mehr herstellen. Hilgenfeld arbeitet mit Silber, Gold und Edelsteinen, Gehrig „modelliert“ Edelmetalle.

Ein ungewöhnlicher Auftrag war zuletzt das „Give-away“ für die Gäste beim Festgottesdienst am Tag der Deutschen Einheit. Hilgenfeld hatte die Idee, eine klargläserne Murmel zu schaffen, auf der drei Worte eingraviert sind: Liebe, Freiheit und Gerechtigkeit.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 24. Oktober 2015 in der Rubrik Menschen, erschienen in der Ausgabe , .

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Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".