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Von – 3. März 2016

Weisheit, Reife, Einsicht: Das Alter in Bibel und Koran

Mose erhielt seinen größten Auftrag als 80-Jähriger – die Reihe „Heilige Texte“ widmete sich im Februar dem Thema Alter. 

Foto: Photographee.eu/Fotolia.com

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Altersbedingte Lebenskrisen blieben Gudula Busch bislang erspart. Wenngleich sie inzwischen einige Gebrechen plagen, ist die katholische Ordensschwester „gern 81 Jahre alt“. Sie verstehe Altern als „ebenslangen Prozess mit unterschiedlichen Phasen. Leider werde dem Alter oft mit einem defizitorientierten Blick begegnet, kritisierte Busch bei einem Abend zum Thema „Alter“ der Reihe „Heilige Texte“. Dabei sei auch in der letzten Lebensphase noch vieles möglich. Als Sozialarbeiterin in einer stationären Pflegeeinrichtung erlebe sie tagtäglich alte Menschen, die neugierig sind und bereit, sich auf Neues einzulassen. Natürlich schwinde mit der Anzahl der Jahre die Dynamik der Jugend, räumte die Konventsleiterin ein. Dafür gewinne man andere Qualitäten. In der Bibel werde das „ehrenvolle Greisenalter“ nicht von ungefähr mit Weisheit, Reife und Einsicht gleichgesetzt.

Schließlich habe „Moses seinen größten Auftrag als 80-Jähriger“, betonte auch Rabbiner Andrew Steinman: Alter heiße nämlich, über Erfahrung zu verfügen und mit Abstand auf die Dinge blicken zu können. Die hebräische Sprache verwende daher für Weisheit und Alter dasselbe Wort.  Das hindere Juden freilich nicht, sich über das Alter lustig zu machen: diesbezügliche Witze seien jedoch als „Waffe gegen eine altersfeindliche Umwelt“ zu verstehen. Wie Steinman erklärte, kommen in Thora und Talmud zwar auch die Nachteile des Alters zur Sprache. Insgesamt mahnten die Texte jedoch an, alte Menschen zu achten und zu ehren – auch jene, die die Gebote nicht mehr kennen. Als Seelsorger im Henry und Emma Budge-Heim sei er immer wieder von den „angesammelten Lebensweisheiten“ der Seniorinnen und Senioren überrascht. „Es gibt Glücksmomente, die nur alte Menschen erleben können.“

Davon geht auch der islamische Theologe Khaled Elbakry aus. Umso bitterer stößt ihm auf, dass es zunehmend schwierig wird, hochbetagten Menschen einen würdevollen Lebensabend zu bereiten. Thora, Bibel und Koran legten gleichermaßen ans Herz, Mutter und Vater zu ehren. Der stressige Alltag dränge heute jedoch oft das Gebot in den Hintergrund. „Gebrechliche Eltern werden als Belastung angesehen, obwohl sie unser Leben geformt haben“, bedauert der Mitbegründer des Vereins Islamische Informations- und Serviceleistungen, der einzigen rein deutschsprachigen muslimischen Gemeinde Frankfurts. Ihm sei klar, dass sich die Inanspruchnahme von Altenpflegeheimen nicht aufhalten lässt, zumal es oft keine Alternative zur stationären Pflege gibt. Trotzdem wünscht sich der Theologe, dass alten Menschen wieder mehr Wertschätzung entgegen gebracht wird.

Die Reihe „Heilige Texte“ behandelt einmal im Monat spezielle Themen anhand von Bibel und Koran. Am 16. März geht es um Jugend, am 13. April um (Für)Sorge. Beginn jeweils um 19.30 Uhr im Haus am Dom.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 3. März 2016 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe , .

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