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Von – 23. Juni 2016

Ethik an den Grenzen des Lebens

Die Evangelische Stadtsynode Frankfurt fordert bessere Aufklärung und mehr Zeit für Gespräche im Krankenhaus.

Pfarrer Kurt Schmidt leitet das Zentrum für Ethik in der Medizin am Markuskrankenhaus in Frankfurt-Ginnheim. Foto: Ilona Surrey

Pfarrer Kurt Schmidt leitet das Zentrum für Ethik in der Medizin am Markuskrankenhaus in Frankfurt-Ginnheim. Foto: Ilona Surrey

Mehr Zeit für Gespräche in den Krankenhäusern und eine gute Aufklärung für Patienten und Angehörige, damit sie bei ethischen Grenzfällen informierte Entscheidungen treffen können, hat die Evangelische Stadtsynode in einer Erklärung gefordert. Zuvor hatten sich die Delegierten aus den Frankfurter Kirchengemeinden bei ihrer Sitzung im Dominikanerkloster gestern Abend intensiv mit dem Thema „Ethische Fragen an den Grenzen des Lebens“ beschäftigt.

Wie der medizinische Fortschritt Menschen immer wieder vor neue ethische Fragen stellte, erläuterte der Theologe Kurt Schmidt vom „Zentrum Ethik in der Medizin“ am Ginnheimer Markuskrankenhaus in seinem Impulsvortrag. So stelle sich die Frage nach dem Abstellen lebenserhaltender Maßnahmen erst seit 1953, als während einer Polio-Epidemie in Dänemark erstmals die künstliche Beatmung eingesetzt wurde. Ein Arzt habe damals an den Papst geschrieben und gefragt: Müssen jetzt, wo das Verfahren erprobt ist, alle Menschen bei Bedarf künstlich beatmet werden? Und unter welchen Bedingungen können die Maschinen wieder abgeschaltet werden?

Ein zweiter Schritt sei 1975 anhand eines Falles in den USA erfolgt: Die 21-jährige Karen Ann Quinlan wurde damals sechs Monate lang künstlich beatmet und die Ärzte sahen keine Chance, dass sie das Bewusstsein wiedererlangen werde. Die Eltern baten darum, die Geräte abzustellen, und die Sache wurde vor Gericht geklärt: Die Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen, so die Richter, sei erlaubt, wenn das dem Willen der Patientin entspreche. Dies war die Geburtsstunde der Idee von Patientenverfügungen: damit der Wille der Patientin bekannt ist, wenn sie sich in der akuten Situation nicht mehr zu ihrer Lage äußern kann.

Allerdings seien „viele Patientenverfügungen in einer konkreten Situation gar nicht aussagekräftig“, sagte Kurt Schmidt. Das liegt daran, dass man gar nicht jede konkrete Situation vorhersehen kann. Außerdem braucht man medizinische und pflegerische Fachkenntnisse, um beurteilen zu können, was eine Maßnahme – wie zum Beispiel das Einstellen einer künstlichen Ernährung – konkret bedeutet. Im Markuskrankenhaus gibt es daher ethische Fallbesprechungen, an denen Ärztinnen, Pflegekräfte, Angehörige und andere Fachleute zusammenkommen, um in einem konkreten Fall eine Entscheidung zu treffen. „Dabei kommt es immer darauf an, so zu entscheiden, wie es der Patient, der sich nicht selbst äußern kann, wollen würde – und nicht, wie man selbst es gerne will“, betonte Schmidt.

Die Stadtsynode fordert in ihrer Erklärung, dass in Krankenhäusern genug Zeit sei für solche Besprechungen. „Ohne das Gespräch mit dem Arzt ist eine detaillierte Patientenverfügung für den Laien in der Regel nicht zu erstellen“, heißt es in der Erklärung. Die Synode begrüße daher Seminare und Informationsangebote, in denen nicht nur rechtliche Fragen, sondern auch medizinische und pflegerische Aspekte erläutert werden. Die Erklärung ist im Wortlaut ab kommender Woche unter www.frankfurt-evangelisch.de/texte-parlament.html abrufbar.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 23. Juni 2016 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe , .

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Dr. Antje Schrupp ist geschäftsführende Redakteurin von Evangelisches Frankfurt. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com.