Hinweis

Diese Website wurde am 28. November 2017 archiviert. Neues Online-Angebot: Evangelische Kirche in Frankfurt.

Aktuell

Von – 17. August 2016

Die Kirchenfenster der Heiliggeistkirche am Börneplatz

Das Beeindruckendste an der heutigen Heiliggeistkirche sind die Kirchenfenster mit ihren vielen farbigen Glasmalereien, die Hans-Heinrich Adam 1960/61 geschaffen hat. Nicht immer ist auf den ersten Blick erkennbar, was darauf zu sehen ist, deshalb hier eine detaillierte Beschreibung.

heilig1

Der Chor der Heiliggeistkirche besitzt große gotische Fenster, während die Südseite des Langhauses von hohen rechteckigen Fenstern geziert wird. Die Fenster stellen christliche Themen anhand von biblischen Geschichten dar. In den unteren sechs Scheiben ist jeweils eine Begebenheit aus dem Alten Testament, der hebräischen Bibel, dargestellt, die im oberen Fensterteil durch neutestamentliche Geschichten ergänzt wird. Die fünf Chorfenster zeigen von links nach rechts das christliche Kirchenjahr: Weihnachten, Karfreitag, Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten. Die sechs Fenster an der Südseite behandeln Martyrium, Mission, Diakonie, Gebet, Kirche und Verkündigung.

Auch die alte Dominikanerkirche hatte bereits Fenster aus farbigem Glas. Aus den Scherben, die man nach ihrer Zerstörung noch bergen konnte, wurde das kleine Fenster links neben dem Chorraum gestaltet. Es zeigt das Christusmonogramm mit den ineinander geschriebenen griechischen Buchstaben X (Ch) und P (r).

Die Entwürfe stammen von dem Künstler Hans-Heinrich Adam (1919-2007) aus Arnoldhain im Taunus. Zweitausend unterschiedliche Farben wurden dafür in Handarbeit gemischt. Geht eine Scheibe zu Bruch, so ist es unmöglich, die Originalfarbe wieder herzustellen. Dies sieht man im zum Beispiel Himmelfahrtsfenster des Chorraums (2. von rechts): Das Maul des blauen Pferdes hat eine hellere Farbe. Die Scheibe musste erneuert werden, und es gelang nicht, den richtigen Farbton zu wiederholen.

heilig2

Das Weihnachtsfenster (Chorraum, linkes Fenster)

Das Hellgrün symbolisiert die Hoffnung auf die Geburt des Erlösers. Die Erfüllung dieser Hoffnung in der Geburt Jesu wird lichtrot dargestellt. Die unteren sechs Scheiben zeigen in der Mitte die Berufung des Mose am brennenden Dornbusch (2. Mose 3), links die Berufung des Propheten Jesaja im Tempel zu Jerusalem (Jesaja 6). Jesaja war ein Prophet, der besonders häufig vom kommenden Messias gesprochen hat. Rechts die Ankündigung der Geburt von Johannes dem Täufer an Zacharias(Lukas 1, 1-17), der im Tempel Rauchopfer darbringt.

In der nächsten Reihe nach oben sieht man in der Mitte die Ankündigung der Geburt Jesu an Maria durch den Engel Gabriel (Lukas 1, 26ff), rechts daneben den Besuch Marias bei Elisabeth, der Mutter von Johannes dem Täufer (Lukas 1, 39ff), und links den Traum des Josef (Matthäus 2, 13). Im Mittelpunkt des ganzen Fensters befindet sich die Scheibe mit dem neugeborenen Kind auf dem Schoß der Mutter, den Vater Josef erkennt man im Hintergrund. Von oben her kommen Strahlen aus dem Himmel, die sich zu einem Zelt über der heiligen Familie vereinen. Engel mit Instrumenten stellen die Verbindung zum Himmel her, in dem aber auch schon das Kreuz sichtbar ist. Rund um das Bild der heiligen Familie sind weitere Geschichten zu sehen: links die Anbetung der Hirten, darüber der Kindermord in Bethlehem, rechts die Anbetung durch die Weisen aus dem Morgenland, darüber die Flucht nach Ägypten.

Das Karfreitagsfenster (Chorraum, 2. Fenster von links)

Das Fenster ist in Violett gehalten, der Farbe der Fasten- und Passionszeit. Die unteren Felder zeigen als Vorgeschichte des Kreuzestodes Jesu Geschichten aus der hebräischen Bibel: In der Mitte ist der Mord Kains an seinem Bruder Abel dargestellt (1. Mose 4), links daneben die Opferung Isaaks durch Abraham auf dem Berg Morijah (1. Mose 22). Unten rechts erblickt man die Feuersäule und die kupferne Schlange in der Wüste, die an einer Holzstange aufgehängt ist. Wer sie ansieht, wird vom tödlichen Biss der Schlange geheilt (4. Mose 21, 6-9), ein Gedanke, der in Johannes 3, 14 wieder aufgenommen wird: Wer an Christus als den am Kreuz Erhöhten glaubt, wird selig. Über dem Morijah-Opfer die Darstellung des Opfers am Versöhnungstag, der Sündenbock (4. Mose 29, 11), daneben der Pelikan als Symbol des Opfertodes Christi.

In den darüberliegenden Seitenfeldern wird rund um die zentrale Kreuzigungsszene die Passionsgeschichte erzählt, links unten beginnend mit dem Einzug in Jerusalem, darüber Jesus in Gethsemane mit den schlafenden Jüngern, darüber der Verrat des Judas und oben die Verspottung (Matthäus 21.26). Rechts unten die Fußwaschung (Johannes 13, 1-10), darüber die Einsetzung des Abendmahls, dann Jesus vor Kaiphas und zuletzt Simon Cyrene, der das Kreuz Jesu trägt (Matthäus 26 und 27). In der Mitte ist über vier Felder die Kreuzigung zu sehen, darunter der sich zu Jesus bekennende Hauptmann, Johannes und Maria und die beiden Schächer. Ganz oben im Fenster die Trauer der Natur mit der Verfinsterung der Sonne und des Mondes. In der Mitte oben das Lamm mit dem Buch mit den sieben Siegeln aus der Johannes-Offenbarung.

Das Osterfenster (Chorraum, mittleres Fenster)

Die Farben Purpur und Grün symbolisieren die Farbe vom absoluten Licht und von der neu erwachten Natur. Im mittleren Teil wird die Auferstehung Christi gezeigt. Das geöffnete Grab wird von den schlafenden Soldaten bewacht. Der Auferstandene hat die Herrschaft des unter ihm stehenden Bösen, auch des Todes, überwunden. Er ist umgeben von purpurner Farbe in Form einer Gloriole – Christus ist nun das Licht der Welt.

In den unteren Feldern wird links die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies gezeigt und damit der Beginn der Herrschaft der Sünde, des Todes und des Teufels, in der Mitte unten der Teufel selbst als Inbegriff dieser Herrschaft. Rechts sieht man Jona, der nach drei Tagen aus dem Bauch des Fisches kommt – eine Geschichte, die oft als „Auferstehung“ verstanden wurde. Darüber Noah in der Arche, der in der Taube mit Ölzweig das Sinken der Flut und die Verheißung eines neuen Lebens begrüßt.

Im oberen Teil des Fensters werden einige Zeuginnen und Zeugen der Auferstehung gezeigt, links die drei Frauen am Ostermorgen am leeren Grab (Markus 16), die von einem Engel als erste die Auferstehungsbotschaft hören, in gleicher Höhe rechts Jesus als Gärtner (Johannes 20, 15). Über den Frauen sieht man Jesus mit den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus, in gleicher Höhe rechts ihr gemeinsames Mahl, wo die Jünger ihn beim Brotbrechen erkennen. Darüber links erscheint Christus den hinter verschlossenen Türen versammelten Jüngern und Jüngerinnen (alles Lukas 24), rechts sieht man den durch die Erscheinung des Auferstandenen zum Glauben gekommenen Thomas (Johannes 20, 24-29). In den oberen sechs Feldern dann die Erscheinung vor den Aposteln (Matthäus 28, 16ff) und mehr als 500 Jüngerinnen und Jüngern (1. Korinther 15, 6), die in Erinnerung an den Missionsbefehl als Vögel dargestellt sind, als in alle Welt hinaus fliegende Boten.

Die im gotischen Maßwerk befindliche Sternrose soll in ihrer Farbgebung den ganzen Triumph der Auferstehung Christi symbolisieren.

Das Himmelfahrtsfenster (Chorraum, 2. Fenster von rechts)

Die Farben Blau und Gold symbolisieren die Auffahrt in die Glorie der Ewigkeit. In den unteren Feldern sind Himmelfahrtsgeschichten aus der hebräischen Bibel zu sehen: rechts Jakobs Traum von der Himmelsleiter (1. Mose 28, 12), daneben die Himmelfahrt des Elia (2. Könige 2,11) und links Henoch, wie er „von Gott hinweggenommen wird“ (1. Mose 5, 21ff). Im mittleren und oberen Teil des Fensters sieht man die Himmelfahrt Christi mit den Aposteln und den Engeln, die die Apostel trösten. Engel begleiten Christus in die himmlische Glorie, der Vater und der durch die Taube versinnbildlichte Heilige Geist nehmen den Sohn auf. Der zum Himmel fahrende Christus hat den Seinen den Heiligen Geist verheißen, im Fenster sinnbildlich als Feuerstrahlen dargestellt, die von ihm ausgehen. Die Mitte des Fensters zeigt so vertikal die Dreieinigkeit. Die Trauer der Natur hat sich gewandelt in das Leuchten der Sonne und des Mondes, die Christus, den Herrn des Kosmos, ehren.

Das Pfingstfenster (Chorraum, rechtes Fenster)

Die Farbe Rot in diesem Fenster symbolisiert das Feuer. Der Heilige Geist kam wie Feuer vom Himmel (Apostelgeschichte 2,3). Auch hier sind in den unteren Feldern Geschichten aus dem Alten Testament zu sehen. Links empfängt Mose am Sinai die Tafeln mit den zehn Geboten (2. Mose 20), rechts ist das Feuer Gottes dargestellt, das auf dem Berg Karmel auf das Eliasopfer herabkommt (1. Könige 18, 38). In der Mitte wird die Schöpfung des Menschen gezeigt. Eva wird aus der Rippe des Adam gemacht, Löwe und Lamm wohnen im Paradies friedlich beieinander.

Der mittlere und obere Teil des Fensters zeigt die Ausgießung des Heiligen Geistes über die Apostel an Pfingsten. Der Geist wird als Strahlen, als Taube und als „Feuerzungen“ (Apostelgeschichte 2,3) dargestellt. Links die Predigt des vom Geiste Gottes erfüllten Petrus, rechts wird als Auswirkung dieser Predigt die Taufe der Dreitausend gezeigt. Im oberen Teil rechts ist zu sehen, wie der Geist Gottes Stephanus stark für das Martyrium macht. Links weist der Geist Gottes über den Feldern voller Totengebeine (Ezechiel 37) auf die zukünftige Auferstehung am Ende der Tage hin.

Die Südfenster

Das Martyrium: Rot, die Farbe des Blutes, ist die liturgische Farbe der Märtyrer-Gedenktage. Violett ist die Farbe der Trauer und der Buße. Das Martyrium der Glaubenden ist von unten nach oben dargestellt, wobei verschiedene historische Verfolgungszeiten und Folterungen erkennbar sind. Die Glaubenden gehen den schmalen Weg durch die enge Pforte (Matthäus 7,13f). Sie sind bekleidet mit dem Schwert des Wortes und dem Schild des Glaubens (Epheser 6,16f). Der Weg ist durch die Pfeile der Feinde des Glaubens und durch die Mächte der Hölle bedroht. Er führt durch verschiedene Formen des Martyriums (Rädern, Vierteilen, Kerker, Scheiterhaufen). Angedeutet sind die Hexenverfolgungen und der Turm aus der Hugenottenverfolgung – auch in Frankfurt wurden hugenottische Flüchtlinge aufgenommen. Der Weg des Martyriums endet aber, wie der Passionsweg Christi, in der Überwindung, im Lorbeer des Sieges. Über allem Martyrium steht das Lamm als Zeichen des Opfers Christi. In sein Lebensbuch sind nun die Namen der Märtyrerinnen und Märtyrer geschrieben (Offenbarung des Johannes 21) – versinnbildlicht durch den Federhalter mit Blutstropfen.

Die Mission: Die Nachfolger und Nachfolgerinnen Jesu sind vom Gekreuzigten und Auferstandenen beauftragt, der Welt das Evangelium zu verkündigen. Das winzige Senfkorn (mit Kreuz) wächst und zieht immer größere Kreise. Das Kreuz im Mittelpunkt der Welt wird in alle vier Himmelsrichtungen getragen. Darüber sieht man das Netz mit zwölf Fischen, als Symbol für den Jünger und Apostel Petrus, der von Jesus zum Menschenfischer berufen wurde. Im Netz befindet sich der Fisch mit dem Kreuz, das Symbol für die ersten christlichen Gemeinden. Rechts ist das Symbol des Bösen, die Schlange, zu sehen. Das Schifflein mit Kreuz als Symbol für die Kirche kann nicht untergehen – trotz der Schlange. Darüber wird das Ziel, der Erfolg der Mission dargestellt, nämlich die Taufe, die durch die Taube und die Krone des Lebens symbolisiert wird. Die Krone des Lebens steht über dem Alpha und Omega (Offenbarung 21, 6), das Ganze ist umgeben von Gebänden in rotbraunen  Farbtönen, die wahrscheinlich das himmlische Jerusalem andeuten. Überall im Fenster verteilt sind Vögel zu sehen, die hinaus fliegen in alle Welt, wie es die Jünger und Jüngerinnen – siehe Osterfenster – nach dem Missionsbefehl Christi tun sollen (Matthäus 28).

Die Diakonie: Von Christus geht die Liebe zu den Mitmenschen aus. Dieses Fenster ist von oben nach unten zu betrachten. Im oberen Mittelfeld stehen die Symbole für das Opfer Christi am Kreuz: die Dornenkrone, der Nagel, und der Kelch, in den Blut fließt. Darunter sind wie in einem Kranz verschiedene Werke der Diakonie abgebildet: Hilfe durch Kleidung, Nahrung, Geld und Seelsorge, Medikamente und ärztliche Versorgung. Der Paragraph in der Mitte, der als Medaillon dargestellt ist, steht für die Gesetze, die das Zusammenleben der Menschen ordnen. Darunter sind Menschen zu sehen, die auf Hilfe warten: Gefangene und Unterdrückte (Wachturm und Stacheldraht), rechts daneben eine Mutter mit ihren Kindern im Elend, unten in der Mitte ein blinder Mensch mit Krücken. Das ganze Fenster ist überzogen mit dem Ornament der Bienenwabe. Die selbstlos der Königin dienende Biene ist hier Sinnbild jeglicher selbstlos dienender Liebe.

Das Gebet: Das Gebet soll wie Weihrauch aus der Räucherpfanne emporsteigen zu Gott. Es soll vertrauensvoll (Anker der Hoffnung), in Notzeiten (Kerker), und zu jeder Zeit (vom ersten Hahnenschrei an) zu Gott aufsteigen, nicht nur als Bittgebet, sondern auch als Lobpreis. Aus dem Gefängnis ihres vergänglichen und von vielen Gefahren bedrohten Lebens strecken die Menschen ihre Hände von ganzem Herzen hilfesuchend nach oben zu dem Geber aller guten Gaben. Das vertrauensvolle Gebet erhält Antwort in der helfenden Hand Gottes, in dem offenen Ohr und dem sehenden Auge mit einem Herzen erbarmender Liebe zu allen. Wer sich im Gebet so vertrauensvoll und dürstend (Johannes 7, 37f) an Gott wendet, empfängt „Ströme des lebendigen Wassers“ aus der Glorie der gekrönten Dreifaltigkeit.

Die Kirche: Die Kirche ist erbaut auf dem Felsen der zwölf Apostel. Sie sind die Fackelträger des Glaubens. Die Christinnen und Christen, die sich auf diesen Felsen gründen, sind die lebendigen Reben am Weinstock Christi. Die irdische Kirche findet ihre Erfüllung im neuen, himmlischen Jerusalem, dessen „Licht vergleichbar ist dem alleredelsten Stein, und sie hat zwölf Tore“ (Offenbarung des Johannes 21, 10ff). Die Herrlichkeit und Leuchte dieses himmlischen Jerusalems ist aber nichts anderes als das Lamm. Ganz oben ist der Phönix dargestellt als Sinnbild für das aus dem Opfer neu entstandene Leben.

Die Verkündigung/Predigt: Dieses Fenster ist etwas neben der Empore versteckt, die man besteigen muss, um es ganz zu sehen. Das Schicksal der Verkündigung ist dargestellt am Gleichnis vom Sämann (Matthäus 13, 1ff). Der Same von Gottes Wort fällt auf den Weg, die Vögel fressen ihn auf. Er fällt unter die Dornen, die Dornen ersticken ihn. Einiges aber fällt auf gutes Land und bringt viel Frucht. Das Wort Gottes aber ist die Bibel in ihrem Ersten und Zweiten Testament. Der Alte Bund ist versinnbildlicht durch die Bundeslade, die Gesetzestafeln, den vielarmigen Leuchter und den Tempel (Räuchergefäß und Davidstern), der Neue Bund durch das Schwert des Wortes, die Taufe, die Beichte und das Abendmahl. Beide haben ihre Zusammenfassung in Christus, versinnbildlicht durch das Alpha und das Omega und in dem Christusmonogramm PX mit der Krone.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 17. August 2016 in der Rubrik Kultur, erschienen in der Ausgabe .

Artikel teilen: E-Mail Facebook Twitter Google+

Dr. Antje Schrupp ist geschäftsführende Redakteurin von Evangelisches Frankfurt. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com.