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Von – 21. September 2016

Braucht die Frankfurter City einen „Raum der Stille“?

Zum Abschluss der „Woche der Stille“ ging es bei einem Podium um die Frage, ob Frankfurt von Berlin lernen und mitten in der City einen Ort für Stille schaffen soll. Zum Beispiel in der Paulskirche.

Podium zum Abschluss der Woche der Stille, u.a. mit Maria Diefenbach aus Berlin (links), Dezernent Stefan Maier Stefan Maier (mit Mikrofon) und Flughafenpfarrer Benjamin Krieg (rechts). Foto: Stephanie von Selchow

Podium zum Abschluss der Woche der Stille, u.a. mit Maria Diefenbach aus Berlin (links), Dezernent Stefan Maier Stefan Maier (mit Mikrofon) und Flughafenpfarrer Benjamin Krieg (rechts). Foto: Stephanie von Selchow

Das Brandenburger Tor in Berlin ist das bekannteste Wahrzeichen der Stadt, und dort tobt der Bär: Jeder Berlintourist will einmal da gewesen sein. Genau hier, an diesem geschichtsträchtigen, quirligen Ort mitten in der Stadt wäre der perfekte Platz für einen Raum der Stille, dachte sich eine Gruppe engagierter Menschen um Maria Diefenbach bereits zu DDR-Zeiten.

Diesen Traum wahr werden zu lassen, gelang ihr und ihrem Förderkreis dann 1994: im nördlichen Torhaus des Brandenburger Tors. Schalldichte Fenster garantieren absolute Ruhe, die bewusst nicht multireligiöse, sondern säkulare Ausrichtung lädt alle Menschen gleich welcher Weltanschauung, Nation oder Hautfarbe ein, dort zu schweigen, zu entspannen oder zu beten.

Der Raum der Stille im Brandenburger Tor zieht täglich 100 Besucherinnen und Besucher an, 70000 sind es im Jahr. Doch das Projekt ist mehr: ein Politikum, wie Maria Diefenbach bei der Abschlussveranstaltung der Frankfurter Woche der Stille sagte, ein ständiger Appell an Friedfertigkeit, Toleranz und Völkerverständigung.

Die Einträge in die Gästebücher sprechen für sich: „Dort, wo der Hass der Nazis die Welt im schlimmen Sinn verändern wollte, ist ein Ort des Friedens und der Ruhe entstanden. Das ist ein anderes Deutschland“, schrieb etwa ein französischer Jude. Oder sogar „Hier können wir endlich vergeben!“ ein jüdisches Ehepaar. „Ich habe es noch nie so erfahren, dass alle Menschen Schwestern und Brüder sind, wie an dieser Nahtstelle zwischen Ost und West“, textete ein Amerikaner.

Und in Frankfurt? Hier gibt es viele Orte der Stille: am Liebfrauenberg, im Dom, in anderen Kirchen in der Stadt, auf dem jüdischen Friedhof, am Flughafen. Dort finden sich Kapellen mit christlichen, jüdischen oder muslimischen Symbolen und sogar ein Yoga- Raum. „Die Stille-Räume mit den überall bekannten religiösen Symbole können Menschen Ruhe und Sicherheit vermitteln, wenn sie auf dem Flughafen im Nirgendwo sind“, sagte Flughafenpfarrer Benjamin Krieg. „Es soll jetzt aber auch ein überkonfessioneller Raum der Stille auf dem Flughafen entstehen.“

Stefan Majer, seit kurzem in Frankfurt Dezernent für Gesundheit und Personal, sagte, aus seiner Zeit als Verkehrsdezernent wisse er, dass Lärm krank machen könne. Ein Stille-Raum in Frankfurt sei deshalb sehr wünschenswert. Solche Räume seien in allen Religionen bekannt, doch ein eventueller neuer Raum der Stille solle auch in Frankfurt überkonfessionell sein.

Der Meinung ist auch Heike Seidel-Hoffmann, Pfarrerin für Füchtlingsfragen, die im Publikum saß. Religion dürfe dann aber nicht durch  die Hintertür doch wieder in einen solchen Raum einfließen, sagte sie, und er müsse – anders als der Berliner Raum – von Künstlern oder Künstlerinnen gestaltet werden.

Und wo könnte sowas realisiert werden? „Wie wäre es mit der Paulskirche“, schlug Barbara Hedtmann, Mit-Organisatorin der Woche der Stille, vor. Fragt sich nur, wer die Maria Diefenbach von Frankfurt sein könnte, also der unermüdliche Motor, der die Verwirklichung dieser Idee über Jahre hinweg vorantreibt.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 21. September 2016 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

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Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".