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Von – 27. September 2016

Martin Wentz: Weg mit dem Rübenacker, Pfingstberg bebauen!

Finden ganz normale Bürgerinnen und Bürger heute noch eine Wohnung in Frankfurt? Jedenfalls nicht, wenn die Politik nicht aktiv wird, darüber waren sich die Teilnehmer_innen einer Podiumsdiskussion zu steigenden Mieten und knapper werdendem Wohnraum einig.

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Podium zur Wohnungsknappheit in Frankfurt mit Moderator Nils Bremer vom Journal Frankfurt, Stadtpolitiker Martin Wentz, Mieteraktivistin Conny Petzold und Immobilienmakler Philipp Feldmann (v.l.n.r.). Foto: Anne Rose Dostalek

Der frühere Frankfurter Planungsdezernent Martin Wentz hat eine einfache Lösung: Bauen, bauen, bauen. „Auf den Pfingstberg im Frankfurter Norden haben wir Platz für vier Riedberge“, erklärte Wentz bei einer Podiumsdiskussion zum Thema „Frankfurt – eine umkämpfte Stadt“, zu der die Evangelische Akademie Frankfurt und die Philosophisch-Theologische Hochschule Sankt Georgen eingeladen hatten. In einer wachsenden Stadt mit wachsender Wohnungsnot und knappem Bauland könne es nicht einfach heißen „Der Rübenacker muss Rübenacker bleiben.“ Die Partikularinteressen der Landbesitzer müssten in diesem Fall zurücktreten.

Dass etwas getan werden muss, damit auch Büroangestellte und Paketboten, alleinerziehende Mütter oder Familien mit mehreren Kindern in Frankfurt noch ein bezahlbares Dach über dem Kopf finden, darüber waren sich alle einig. Erst recht, wenn auch Arbeitslose oder Menschen, die von Hartz-4 leben, Flüchtlinge oder Arbeitsmigrantinnen in Frankfurt zuhause sein dürfen. Conny Petzold von der Initiative „Eine Stadt für alle“ sieht jedenfalls eine massive Verdrängung der einkommensschwachen Schichten aus der Stadt und verlangt ein energisches Gegensteuern.

Martin Wentz verdeutlichte die Gefahr einer stetig wachsenden Wohnungsnot  mit nackten Zahlen: Jedes Jahr wächst Frankfurt um 15.000 Menschen, die in etwa einen Bedarf von 7.500 Wohnungen erzeugen. Deshalb müsse gebaut werden, und zwar große Wohnbaugebiete am Stadtrand. Außerdem forderte er verdichtetes städtisches Bauen wie im Nordend. Die Stadt müsse städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen ergreifen, um solche Projekte durchzusetzen, wie auf dem Riedberg bereits geschehen.

Aber hilft Bauen allein überhaupt gegen steigende Mietpreise? „Die städtische Wohnungsbaugesellschaft ABG darf nicht profitorientiert wie ein privater Investor agieren“, forderte Conny Petzold. Eine Deckelung der Mieten sei zwingend notwendig. Damit gemischte Quartiere mit preisgünstigen Wohnungen entstehen, müsse die Stadt außerdem die privaten Investoren in die Pflicht nehmen. Außerdem sollten verstärkt Wohnungsbaugenossenschaften zum Zuge kommen und  Stadtteilgruppen und Mieterinitiativen beteiligt werden. Um die günstigen Bestandsmieten zu erhalten, seien ein guter Mieterschutz und der Mietspiegel weiterhin unabdingbar.

Von einem immensen Verdrängungswettbewerb um Bauland berichtete der Immobilienmakler Philipp Feldmann. Angebot und Nachfrage stimmten nicht mehr überein in Frankfurt. Umwandlungen von bestehenden Bürogebäuden in Wohntürme führten zu explodierenden Preisen. Seine Prognose: Die Mieten werden weiter steigen, zumal Frankfurt im Vergleich zu anderen Metropolregionen wie etwa London noch günstig sei.

Allerdings machen Städte wie München und Wien vor, wie in boomenden Metropolen dennoch preisgünstige Wohnungen gebaut werden könnten: Sie legen Programme für günstiges Wohneigentum auf, die städtischen Wohnungsbaugesellschaften bauen in großem Umfang Sozialwohnungen. Investoren werden verpflichtet, zu 30 Prozent in den sozialen Wohnungsbau zu investieren, das sorge für gemischte Quartiere.

Aber warum nehmen die Kommunen nicht selber genügend Geld in die Hand fürs Bauen, fragte ein Zuhörer. Eine Kritik, der Wentz zustimmte. Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften und die des Landes könnten da noch viel mehr tun.

Mehr zum Thema: Stadtforscher Andrej Holm über Gentrifizierung

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 27. September 2016 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

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