Mit einer Andacht vor dem Südbahnhof haben die Sachsenhäuser Gemeinden gestern Abend der über 3000 jüdischen Männer gedacht, die von hier aus nach den Pogromen vom 9. November 1938 in die Konzentrationslager Buchenwald und Dachau deportiert wurden.
Der 9. November 1938 war der Beginn der von den Nationalsozialisten inszenierten Novemberpogrome gegen die jüdische Bevölkerung in Deutschland. Mit den gewaltsamen Ausschreitungen begann der systematische Abtransport in die Vernichtungslager.
Auch in Frankfurt wurden tausende jüdische Männer verhaftet und zunächst in der Festhalle gefangen gehalten. Am Abend des 10. November 1938 und an den folgenden Tagen wurden sie von aus auf Lastwagen zum Südbahnhof gefahren. Einer von ihnen, der Rechtsanwalt Julius Meyer, der 1939 nach England emigrieren konnte, beschreibt 1940 das Geschehen am Bahnhof am 12. November so:
„Auf Wiedersehen Heimat? Drunten unter der Brücke glänzt der Fluß, hier sind wohlbekannte Straßen; das Auge nimmt den Eindruck auf, aber die Gedanken sind schon nahezu ausgeschaltet. – Südbahnhof, raus! Da stehen dicht gedrängt Scharen von Menschen, um zuzusehen. Kopf und Nerven zusammengenommen! Schnell raus und hinein durch die Schranke dort vorn in den Bahnhof. Ein wüstes Gejohle geht los und empfängt uns. (…) mehrere Mädchen und Frauen und dann auch Männer haben darauf losgehauen, geprügelt, mit Stöcken und Schirmen geschlagen, wahrscheinlich auch mit schwereren Gegenständen. (…) Auch diese Qual hat ein Ende, und wir sitzen im Zug, in den man uns verladen hat.“ (Aus dem Erinnerungsbericht von Julius Meyer über die Novemberpogrome in Frankfurt, geschrieben 1940. Dokumente zur Geschichte der Frankfurter Juden 1933-1945, hrsg. von der Kommission zur Erforschung der Geschichte der Frankfurter Juden, Frankfurt/M. 1963, S. 32-44, S. 39-43.)
Die Andacht wurde von der Gedenkgruppe der Dreikönigsgemeinde gestaltet, die sich für die Verlegung von Stolpersteinen für die verfolgten und ermordeten Christen und Christinnen jüdischer Herkunft in der Gemeinde