Wer in der Masse auffallen will, muss eine ungewöhnliche Perspektive bieten oder ein Tabu verletzen. Gleich beides gelingt dem „Segensroboter“, den die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau auf der Weltausstellung in Wittenberg aus Anlass des Reformationsjubiläums präsentiert.
Und so gehts: Ein relativ miesepetrig dreinblickender Roboter hebt die Hände, LEDs lassen die Handflächen aufleuchten, und eine elektronische Stimme spricht den gewünschten Segen. Man kann wählen, in welcher Sprache und ob mit männlicher oder weiblicher Stimme; einen Papierausdruck zum Mitnehmen gibt es obendrein.
Eingebunden in zahlreiche weitere Stationen eines Parcours mit einer Lichtkirche im Zentrum bietet der Segensroboter eine Performance, die sicher Aufmerksamkeit schafft. Losgelöst vom Kontext wäre er allerdings die Banalisierung eines wichtigen Rituals.
Die Weltausstellung mit dem Titel „Tore der Freiheit“ wird am 20. Mai eröffnet und läuft bis 10. September.
Wie der Segensroboter genau funktioniert, kann man hier als Video anschauen.
Brigitte Babbe schrieb am 16. Mai 2017
Mit fällt nur ein Wort ein, das noch schreibbar ist : geschmacklos. Gehört habe ich Schlimmeres , viel Schlimmeres.
Gehört habe ich immer wieder, dass das dafür aufgewendete Geld als Grund reicht, die Kirche zu verlassen.
Bloss dass die Christen mit denen ich darüber geredet habe, sich keineswegs so dezent ausgedrückt haben.
Der Segensautomat und die kirchturmhohe Heiligsprechung haben viel Zorn ausgelöst.
Aber den hört man sicherlich nicht in Darmstadt.
Horst Peter Pohl schrieb am 17. Mai 2017
Liebe Frau Babbe,
da gebe ich Ihnen recht. Obwohl ich sicher zu den glühendsen Verfechtern einer digitalen Kirche gehöre und keinem technischen Schnickschnack abhold, teile ich ihr „geschmacklos – oder schlimmer“ voll.
So etwas kann sich eigentlich nur ausdenken, wer den Segen nicht wirklich ernst nimmt.