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Von – 1. Juni 2017

Im Zentrum des Mosaiks: Eindrücke von der „Nacht der Bibel“

Bei einer „Nacht der Bibel“ in der Heiliggeistkirche ging es um eine zeitgemäße Umsetzung des Grundanliegens der Reformation: die Bibel als zusammenhängendes Ganzes einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

Bei der Nacht der Kirchen wurde der Altarraum der Heiliggeistkirche zur Bühne. Foto: Silke Kirch

Das Konzept stammt von dem Frankfurter Theologen Stefan Alkier, der zugleich Kopf des Jazz-Quartets „Echoes of Scripture“ ist, das die Lesung aus dem Alten und Neuen Testamtent musikalisch umrahmt und begleitet hat. Jenseits von Autoritätsgläubigkeit, Expertenhörigkeit und Bibelexegese solle, wie Stadtdekan Achim Knecht in der Begrüßung ausführte, den Menschen Raum für die Begegnung mit dem Buch der Bücher gegeben werden.

Eine gute Lesung, so Melanie Köhlmoos, Dekanin des Fachbereichs für Evangelische Theologie an der Frankfurter Goethe-Universität, bringe die Texte selbst zum Sprechen und überlasse die Auslegung den Lauschenden. An diesem Abend lasen die Frankfurter Schauspielerin Constanze Becker und ihr Kollege Peter Schröder biblische Texte aus unterschiedlichen Übersetzungen – von der Schöpfungsgeschichte bis zum Neuen Jerusalem. Peter Lohmeyer verfugte die Sequenzen mit Beiträgen aus der Feder von Stefan Alkier.

Worte, Bilder Szenen – was prägt sich ein in dieser langen Nacht der Bibel? Die Lesung ruft fremde und vertraute Bilder wach, nimmt uns auf in den Rhythmus der Schöpfungsgeschichte, in die Ferne der frühen Welt. Anbrandende Musik, bekannte Geschichten, Erinnerungen an die mit Buntstiften erzählten Szenen aus Kindertagen tauchen auf aus dem Meer der Worte und berühren.

Das früh Gehörte, mittlerweile mit Lebenserfahrung angereichert, blüht auf in einem emotionalen Resonanzraum, aber auch fade Bilder, schale Worte driften heran und bekunden das anhaltende Befremden angesichts der Überlieferung. Erlösend fast die Lautfarbe der hebräischen Worte, die den Abstand zu besiegeln scheinen und umgekehrt: aufrüttelnde Worte aus den Psalmen, die unausweichlich Nähe herstellen. Unbekanntes, Vertrautes, Persönliches, Fremdes – dies alles verdichtet sich wie die Glasfenster der Heiliggeistkirche in der Dämmerung, deren Geschichten in der sinkenden Nacht immer mehr verstummen, um Raum zu lassen für das, was in uns selbst lebt, was jede und jeder Einzelne sieht, hört und erkennt in diesem Mosaik der Worte, der herandriftenden Bilder, der gleichsam alten wie neuen Geschichten.

Die überraschend statische Anordnung der Sprecher auf der Bühne entpuppt sich im Laufe der Veranstaltung als sinnige Matrix für eine reduzierte Choreografie: Umwälzende Ereignisse werden durch minimalistische Stilmittel gekennzeichnet – polyphon die Stimmen nach der Pause, als die Erzählungen des Neuen Testaments einsetzen, dynamisch die Wiedergabe der Bergpredigt, eindringlich der Ruf des sterbenden Jesus am Kreuz. Der Rhythmus der Pauken in der Todesstunde geht durch Mark und Bein und das Reden in Zungen an Pfingsten versetzt das Publikum in erlösende Heiterkeit.

Wie in den Glasfenstern die kleinen Mosaikstücke durch eine zentrierende Kraft sich ineinanderfügen, tauchen wir auf in dem Bild, das uns längst durchwoben hat. Wir kennen die Fäden nicht im Einzelnen, sie aber halten uns zusammen und leuchten bunt.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Juni 2017 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe .

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Dr. Silke Kirch studierte Germanistik, Kunstpädagogik und Psychologie in Frankfurt am Main und ist freie Autorin und Redakteurin.

Kommentare zu diesem Artikel

  • katrin schrieb am 5. Juni 2017

    …ungekehrt: Peter Schröder las die „verfugende“ Texte von Stefan Alkier, und Peter Lohmeyer las ,zum Beispiel, hinreißend den Pfingsttext aus der Apostelgeschihte nach Lukas.
    Eine schöne Veranstaltung!