Wann hatte Luther Geburtstag? Gehen Sie regelmäßig in die Kirche? Solche Fragen müssen Flüchtlinge beantworten, wenn sie zum Christentum konvertieren und Asyl beantragen.
Wie heißen die beiden Söhne im Gleichnis vom verlorenen Sohn? – solche und ähnliche Fragen stellt das Bundesamt für Migration (BAMF) Flüchtlingen, die zum christlichen Glauben übergetreten sind. Dabei wird häufig Detailwissen abgefragt, das allerdings wohl die wenigsten Christinnen und Christen sofort parat hätten. Ein Konvertit zum Beispiel scheiterte an der Frage nach dem Geburtstag Martin Luthers. Oder es wird geprüft, wie häufig die Betreffenden den Gottesdienst besuchen. Daran gemessen wäre aber auch der Glaube der meisten deutschen Kirchenmitglieder bloß „Fake“.
Die evangelische Kirche kritisiert solche „Glaubensprüfungen“ denn auch massiv. Im Mai hat die Synode, das Kirchenparlament der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), ein Umdenken der politisch Verantwortlichen gefordert und „aufs Schärfste“ dagegen protestiert, „dass bei Asylanträgen die Taufe von Flüchtlingen in evangelischen Kirchengemeinden zunehmend als asyltaktische Entscheidung bewertet wird“.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, brachte es auf den Punkt: „Es kann keine Glaubensprüfung durch Menschen geben, die dazu keine Kompetenz haben, und es kann auch nicht angezweifelt werden, dass die Menschen, die von der Kirche getauft werden, aus ernsthaften Motiven getauft werden.“ Wie authentisch und „echt“ der Glaube eines Menschen ist, das lässt sich nun mal nicht objektiv prüfen, und schon gar nicht von einer staatlichen Behörde. Eine solche Prüfung verstoße außerdem gegen Artikel 4 Absatz 1 des Grundgesetzes, der die Unverletzlichkeit und Freiheit des Glaubens garantiert, schreibt die EKHN-Synode in ihrer Stellungnahme und fordert, dass die Behörden die Taufe und ihre kirchliche Verbindlichkeit achten.
Zumal die evangelische Kirche bewusst nicht in Flüchtlingsunterkünften missioniert. So hat die Frankfurter Stadtsynode in einer Erklärung explizit betont, dass Flüchtlingen bei Taufanfragen mit Respekt und Wertschätzung für ihre Herkunftsreligion begegnet wird. Dies unterscheidet die evangelische Kirche von anderen, dezidiert missionarisch ausgerichteten christlichen Gemeinschaften oder etwa auch von den Zeugen Jehovas, die aktiv mit mehrsprachiger Literatur und mit Missionaren und Missionarinnen, die fließend die Muttersprachen der Geflüchteten sprechen, für sich werben.
„Wir nehmen die Suche nach neuer geistlicher und sozialer Heimat ernst und integrieren die Suchenden aktiv in den Gemeinden“, so das Stadtdekanat. Sicher darf man nicht die Augen vor einem eventuellen Missbrauch des Asylrechts verschließen. Ein Religionswechsel aus taktischem Grund kann nie völlig ausgeschlossen werden. Aber eine Glaubensprüfung ist nun einmal nicht möglich.
Apropos: Die Namen der beiden Söhne im Gleichnis vom verlorenen Sohn werden in der Bibel gar nicht genannt.