Hinweis

Diese Website wurde am 28. November 2017 archiviert. Neues Online-Angebot: Evangelische Kirche in Frankfurt.

Aktuell

Von , – 27. August 2017

„Glauben zum Glänzen bringen“ – Amtszeit von Pröpstin Scherle endet

2006 trat Gabriele Scherle die Nachfolge von Helga Trösken als Spitzenrepräsentantin der evangelischen Kirche im Rhein-Main-Gebiet an. Am 1. September wird die 65-Jährige in den Ruhestand verabschiedet. Leicht fällt ihr der Schritt nicht.

Gabriele Scherle war elf Jahre lang Pröpstin für Rhein-Main. Jetzt geht sie in den Ruhestand. Foto: Ilona Surrey

Gabriele Scherle war Finanzbeamtin, Sozialarbeiterin und Friedenspfarrerin. Die Frau von Peter Scherle, Leiter des Theologischen Seminars der hessen-nassauischen Landeskirche, engagierte sich in der Weiterbildung und in der Evangelischen Akademie Frankfurt und ist Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Künftig will sie vor allem Zeit für sich selbst haben. Als erstes steht ein Wanderurlaub auf Sizilien auf dem Programm, danach will sie Freunde in Berlin besuchen.

Scherle wurde im März 1952 im badischen Pforzheim in eine bäuerliche Waldenser-Familie geboren. Fasziniert vom Glauben und von der Kirche träumte sie davon, eines Tages Pfarrfrau zu werden. Der Gedanke, selbst Theologie zu studieren und Pfarrerin zu werden, kam ihr zunächst nicht in den Sinn. Nach der Schule absolvierte sie eine Ausbildung für den mittleren Dienst in der Finanzverwaltung.

„Für meinen Vater war es das Größte, dass ich im Finanzamt arbeite. Ich war versorgt.“ Doch seine Tochter wollte mehr. Ein Studium der Sozialarbeit, der Theologie? Für ihren Vater war das keine Alternative zum sicheren Job auf dem Amt. Doch in der Kirche fand Scherle Menschen, die sie stärkten, die ihr Mut machten. Darunter bekannte Namen wie Helmut Gollwitzer und Heinrich Albertz.

„In meinem Leben spielt es eine ganz große Rolle, dass mir Menschen etwas zugetraut haben“, sagt Scherle. „Es gehört zu meinem Leben, dass mir Türen aufgetan wurden. Durch diese Türen bin ich dann gegangen.“ Dankbar sei sie bis heute für diese Begegnungen.

Ihre Eltern erlebten sie als Vikarin in der Wiesbadener Bergkirchengemeinde zum ersten Mal im Talar. In diesem Moment blitzte bei ihnen wohl ein Funken von Stolz und Akzeptanz auf, spüren ließen sie es ihre Tochter aber nicht. Sie vermittelten ihr eher, dass sie das Finanzamt als Arbeitsstelle für ihre Tochter lieber gehabt hätten. „Da ist mir die Anerkennung ein bisschen versagt geblieben“, sagt die scheidende Pröpstin. „Das hat etwas Bitteres und Trauriges.“

Jahrzehnte später mangelt es ihr nicht an Anerkennung. Immer wieder melden sich Pfarrer, Pfarrerinnen oder Kirchenvorstände, um sich bei ihr zu bedanken oder von gemeinsam Erlebtem zu erzählen. Gerne hat sie das theologische Personal in seinem schweren Dienst begleitet und Personalpuzzles gelöst.

„Ich habe oft das Gefühl gehabt, ganz viele Bälle sind in der Luft. Ich hatte Angst, dass einer runterfällt“, sagt sie. Aber wenn sich dann neue Perspektiven ergaben, seien das Glücksmomente gewesen.

Dass mit ihrem Abschied die Zahl der Pfarrerinnen in Führungsrollen weiter sinke, schmerzt Scherle. Dennoch betont sie, dass die Kirche neben der Politik eine der wenigen Größen in der Gesellschaft sei, die einen sozialen Aufstieg ermögliche. „Und damit auch für Frauen.“ Leider gebe es keine anspruchsvollen Teilzeitstellen, bedauert sie. Dabei könnten ihrer Ansicht nach Leitungsstellen ohne Probleme geteilt werden, ob durch Ehepartner oder Kollegen. In dieser Frage könne die Kirche eine Vorreiterrolle übernehmen.

Die wichtigste Aufgabe sei es, „auf Gott hinzuweisen, den Glauben an diesen Gott zum Glänzen zu bringen“. Es gelte, die Botschaft so aufzubereiten, dass sie im „Forum der Vernunft“ bestehen könne, auf der Höhe der Zeit sei und so Christen helfe, sich sachkundig in Debatten einzubringen.

Ein wenig traurig ist die scheidende Pröpstin allerdings darüber, dass es der Landeskirche bisher nicht gelungen sei, darzustellen, wie viele tolle Menschen sich in ihr engagierten und welche beeindruckenden Projekte es gebe. „Es gibt viele blühende Bereiche, aber wir haben die Tendenz, nur das Schlechte zu sehen“, bedauert sie.

Deshalb will sie im Ruhestand daran mitarbeiten, ein ermutigenderes Bild für die kleiner werdende Volkskirche zu malen, wie sie betont. Weiter aktiv sein wolle sie auch in der Kammer für Theologie der Evangelischen Kirche in Deutschland und im Ausschuss für Frieden und Konflikt in der Evangelischen Akademie Frankfurt.

Artikelinformationen

Beitrag von , , veröffentlicht am 27. August 2017 in der Rubrik Menschen, erschienen in der Ausgabe .

Artikel teilen: E-Mail Facebook Twitter Google+

epd-Nachrichten sind urheberrechtlich geschützt. Sie dienen hier ausschließlich der Information. Jede weitergehende Nutzung, insbesondere ihre Vervielfältigung, Veröffentlichung oder Speicherung in Datenbanken sowie jegliche gewerbliche Nutzung oder Weitergabe an Dritte ist nicht gestattet.

Kommentare zu diesem Artikel

  • Klaus Weißbecker schrieb am 27. August 2017

    Frau Scherle ist eine großartige Pfarrerin. Ich habe sie selten gesprochen. Ihr Rat war aber immer überzeugend. Schade, dass sie geht. Ich wünsche ihr Gottes reichen Segen für ihren Weg und uns, dass wir Gelegenheit haben, sie immer mal wieder zu erleben.