Die Bibel ist voll traumhaft schöner Wünsche. Da ist etwa der Wunsch, Fesseln abzuwerfen und den Weg der Freiheit zu gehen.
„Es geht nicht anders, man muss sich eben fügen.“ Das würde die Bibel niemals unterschreiben. Stattdessen stellt sich Gott als jemand vor, „der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft geführt habe. Du sollst keine Götter haben neben mir.“ Angesprochen ist das Volk Israel. Sein Auszug aus der ägyptischen Sklaverei ist der älteste biblische Stoff, sagen Forscher. Er wurde schon erzählt, lange bevor es die Bibel gab. Dieser Urimpuls ist auch der Grundton der Zehn Gebote. Er ist wie eine Überschrift.
Gott stellt sich als Feind jeglicher Unterdrückung vor. Er rät: „Glaube nicht jenen, die angeblich für dich sorgen, aber kein Interesse daran haben, was du wirklich willst. Lass dich nicht missbrauchen, sondern gehe deinen Weg.“
Klingt das zu schön, um wahr zu sein? Die Bibel wünscht das Schöne, weil zu oft das Hässliche regiert. Da gibt es Gefangenschaft, Folter, Ungerechtigkeit – nicht nur damals, als Israeliten für andere Steine schleppen mussten. Gottes Wille ist es, die Fesseln zu lösen.
Experten und andere Halbgötter verstummen
Nur ist es nicht immer leicht, den Weg ins Freie zu finden. Zu selten traut man der inneren Stimme, die bewegungsfreudige Beine geben kann. Stattdessen scheint es nur so von Nachbarn, Kolleginnen, Experten oder anderen Halbgöttern zu wimmeln, sobald man anfängt aufrecht zu gehen: „Da stimmt doch etwas mit dir nicht, du warst doch früher immer so rücksichtsvoll und hilfsbereit!“
Doch die Halbgötter verstummen, wenn ich einfach auf dem Weg weitergehe, der Freiheit gibt. „Ihr wart doch immer so sozial“, riefen die Ägypter auch den aufgebrochenen Israeliten hinterher. Denn nun mussten die Zurückgebliebenen ihre Arbeit selber machen. Die Israeliten aber waren sozial: mit sich und Gott, der nicht damit leben will, dass Menschen unter Enge leiden.
Von Georg Magirius ist das Buch erschienen „Gute Wünsche aus der Bibel“, Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2016.