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Von – 21. März 2016

Das Lamm Gottes

Tod und Auferstehung Jesu waren für seine Gefolgsleute verstörende Ereignisse. Das Bild vom „Lamm Gottes” half ihnen dabei, sich die Bedeutung der Geschehnisse zu erschließen.

Lamm und Kreuz: Symbole des Karfreitag. Hier auf Paramenten der Fechenheimer Melanchthonkirche. Foto: Jonatan Steller

Lamm und Kreuz: Symbole des Karfreitag. Hier auf Paramenten der Fechenheimer Melanchthonkirche. Foto: Jonatan Steller

Um die vielen Wallfahrer, die sich zur Feier des jüdischen Pessachfestes in Jerusalem aufhielten, nicht unnötig aufzubringen, führten die römischen Besatzer die Kreuzigung sehr wahrscheinlich am Tag vor dem Beginn dieses auch politisch brisanten Befreiungsfestes durch, wie es der Evangelist Johannes darstellt. Zu den Vorbereitungen in den Familien gehörte es damals, an diesem Tag ein fehlloses, kultisch reines Lamm zu schlachten und am Anfang des Festes zu verzehren.

Dieser Brauch erinnert im Judentum an den Auszug aus Ägypten, wo das Blut eines Lammes an die Türpfosten der Häuser gestrichen wurde, um diese als israelitisch kenntlich zu machen. In der Nacht kam ein Engel Gottes und tötete alle Erstgeborenen der Ägypter, um den Pharao ultimativ dazu zu bewegen, das Volk endlich in die Freiheit ziehen zu lassen. Die mit Lammblut markierten Häuser der Israeliten verschonte er dabei: Gott, so die Botschaft, unterstützt also unbedingt den Freiheitswillen Israels.

Indem die Jüngerinnen und Jünger jenes Pessachlamm mit Jesus gleichsetzen, machen sie seinen Tod als das heilige, also Gott zugehörige, sündlose Opfer kenntlich. Außerdem schlägt das Bild vom Lamm auch eine Brücke zum Jesajabuch und verbindet Jesus mit dem dort in Kapitel 52, 13ff beschriebenen Gottesknecht und leidenden Gerechten, der – selbst ganz unschuldig – das Gottwidrige der Menschen auf sich nimmt und durch seinen Tod sühnt: „Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf, wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird.“ Von den Menschen verachtet, schafft der Gottesknecht denen, für die er gestorben ist, Frieden und Heilung und wird dafür „in die Länge leben”.

Das Osterlamm steht also für das stellvertretende Leiden und Sterben Jesu, der den Seinen den Weg ins Reich Gottes ebnet. Nicht zufällig haben diese Elemente auch Eingang in die Erzählung vom letzten Abendmahl gefunden. Sie enthält deutliche Elemente des Pessach-Brauchs: Das am Tag geschlachtete Lamm wird am Abend, wenn das Fest beginnt, gegessen. Jesus schenkt sich den Seinen in Leib und Blut und gibt ihnen damit Anteil an der Befreiung von der Sündenmacht sowie am ewigen Leben. Und die Gemeinde singt: „Christe, du Lamm Gottes”.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 21. März 2016 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe .

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Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.