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Aktuell

Von – 1. Juli 2003

Ein Gläschen in Ehren…

Ganz aufhören oder gar nicht? Das ist heute nicht mehr die Alternative beim Alkoholmissbrauch. Der neue Trend heißt: kontrolliertes Trinken.

In der Woche hat Peter B. sich unter Kontrolle. Aber manchmal am Wochenende, wenn das Bier gar zu gut schmeckt, trinkt er gewaltig einen über den Durst. Der Bankkaufmann weiß, dass er gelegentlich zu viel trinkt. Seine Leberwerte machen ihm Sorgen, auch wenn er sich nicht für alkoholkrank hält. Trotzdem, diese Exzesse am Wochenende stören ihn, vor allem wenn er am Sonntag mit einem heftigen Brummschädel aufwacht. Der 48-Jährige sucht Hilfe. Bei der traditionellen Suchtkrankenhilfe, die ihre Klienten zu völliger Abstinenz führen will, fühlt er sich allerdings nicht an der richtigen Stelle.

„Den Umgang mit Alkohol kann man lernen“, sagt Joachim Otto, Leiter der evangelischen Suchtkrankenberatung in Frankfurt. Gemeinsam mit dem Suchtexperten Manfred Mickein bietet er ein „Ambulantes Gruppenprogramm zum kontrollierten Trinken“ (AkT) an. Es ist der Versuch, Menschen, deren Alkoholkonsum riskant ist, die aber von der traditionellen Suchthilfe nicht erreicht werden, einen Weg zu zeigen, mit Alkohol verantwortungsbewusst umzugehen. Nach Untersuchungen des Bundesgesundheitsministeriums kann man bei rund 9,3 Millionen Bundesbürgern von einem riskanten, missbräuchlichen oder schädlichen Alkoholkonsum sprechen. Rund 90 Prozent von ihnen finden nicht den Weg in das Suchthilfesystem aus Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen und Suchtkliniken. „Gerade bei den Menschen mit riskantem Konsumverhalten liegt auch meist noch keine Sucht-erkrankung vor, die behandelt werden muss“, betont Otto. Trotzdem fühlten sich diese Menschen oft unwohl und wollten ihren Alkoholkonsum einschränken.

Ihnen kann AkT helfen. Mit dem Gruppenprogramm können sie lernen, ihren problematischen Alkoholkonsum dauerhaft zu senken und sich so vor dem immer drohenden Abrutschen in eine völlige Abhängigkeit bewahren. Außerdem tun die Teilnehmer etwas für ihre Gesundheit. Denn schon ein paar Gläser weniger in der Woche entlasten den Organismus und helfen, vor Krankheiten zu schützen, wie etwa Bluthochdruck, Gicht, Übergewicht, Herz- und Lebererkrankungen bis hin zu bestimmten Krebsarten, nicht zu vergessen die indirekten Folgen von Verkehrsunfällen oder Straf-taten, die mit übermäßigem Alkoholkonsum zusammenhängen.

Im Mittelpunkt des AkT-Programms, das der Psychologe Professor Joachim Körkel an der evangelischen Fachhochschule Nürnberg entwickelt hat, steht ein so genanntes Trinktagebuch. Da-rin hält jeder Teilnehmer für sich fest, an welchem Tag, in welchem Umfeld, in welcher Situation er welche Menge Alkohol trinkt. „Später werden dann diese Mengen eingeschränkt, soziale Risikosituationen durchgespielt und der Umgang mit Ausrutschern gelernt“, beschreibt Mickein das Kursprogramm, das sich über zehn Abende erstreckt. Bei diesen Treffen erhalten die Teilnehmer Informationen über die Wirkung von Alkohol und können Strategien zur Bewältigung schwieriger Situationen einüben. „Auch gefährdete Menschen können so lernen, ihren Alkoholkonsum zu reduzieren“, betont Otto. Das bestätigt Peter B.: „Ich hatte wirklich viel Spaß letztes Wochenende, aber nach dem dritten Bier war Schluss.“ Informationen über die nächsten Kurse unter Telefon 15059030.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Juli 2003 in der Rubrik Lebenslagen, erschienen in der Ausgabe .

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