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Aktuell

1. Juni 2008

Nomadenzelt im Kindergarten

p(einleitung). Ob in Kindergärten, Schule oder Museen: In ihrem selbst gebauten Nomadenzelt bringt Zinnet Peken die Lebensweise fremder Völker näher. Im Kindergarten der Emmausgemeinde entführte sie die Kleinen in die Welt der kurdischen Bergnomaden.

Warm und einladend wirkt das dunkelblaue Zelt. Auf dem Boden liegen Teppiche und Tücher mit farbenprächtigen Ornamenten. Große, weiche Kissen laden zum Hinsetzen ein. „Ich heiße euch herzlich willkommen“, begrüßt die Frau mit dem bunten Kopfschmuck und dem langen roten Gewand ihre Gäste. „Tretet ein, ich will euch von meinem Leben erzählen, von Riten, Bräuchen, Liedern, Märchen, Festen und Tänzen.“ Vorsichtig schauen sich die Kinder aus dem Kindergarten der Emmausgemeinde in dem geräumigen Zelt um.

!(rechts)2008/06/seite09_oben.jpg(Wie Nomaden aus Mehl und Wasser erst Fladen und dann köstliches Brot herstellen: Tatkräftig durften die Kinder den Teig kneten und rollen und später auf einer heißen Platte knusprig backen. | Foto: Britta Jagusch)!

Die Drei- bis Sechsjährigen sind „Zu Besuch bei Nomaden“, eingeladen von Zinnet Peken. Die Erzieherin und Sozialarbeiterin bietet interkulturelle Projekte für Kinder und Jugendliche an. In ihrem „Konolino“, einem selbst gebauten Nomadenzelt, vermittelt sie den Jüngsten einen Einblick in die Lebenswelt verschiedener Völker. „Das Andersartige soll auf spielerische und kreative Weise erfahrbar werden“, sagt Peken. Dabei stehe die Vermittlung und Verständigung zwischen den Kulturen im Vordergrund. „Ich möchte Respekt für die eigene und für fremde Kulturen wecken.“

Anschaulich erzählt Peken, die selbst aus einer armenisch-kurdischen Familie stammt und ihre Kindheit als Halb-Sesshafte in Kurdistan verbrachte, von einem Leben mit Eseln, Pferden, Kamelen und Ziegen. Von harten Wintern und warmen Sommern und vom Überleben in der Natur. „Wo sind eure Stühle?“ fragt Paul. „Warum hast du den bunten Turban auf dem Kopf?“ will Aaron wissen. „Schläfst du im Zelt oder im Bett?“ fragt Charlotte neugierig. Zinnet Peken beantwortet bereitwillig jede Frage. Dann lädt sie die Kinder ein, mit ihr gemeinsam das Leben der Nomaden zu entdecken.

Vor dem Zelt wird aus Mehl und Wasser Teig hergestellt, dann rollen die Kinder ihre eigenen Fladen, die später auf einer heißen Platte gebacken werden. Zur gleichen Zeit schütteln Aaron und Raciel kleine Behälter mit Milch. „Wir machen Butter“, sagt Aaron etwas unsicher. So richtig glaubt momentan noch niemand daran. Aber:„Es hat funktioniert“, ruft der Fünfjährige wenige Minuten später und strahlt über das ganze Gesicht. Zum Essen im Zelt, mit warmem Fladenbrot und selbst geschüttelter Butter, lauschen die Kinder den Geschichten der Nomadin. Zinnet Peken zeigt ihnen Spielzeuge aus Knochen, Muscheln und Steinen. Auch die getrocknete Schlangenhaut wird neugierig betastet. „Anakondas sind total stark“, fällt Raciel ein, der gebannt den Erzählungen über die magischen Kräfte der Schlangen gelauscht hat.

Zum Abschluss basteln die Kinder noch ein Gastgeschenk. Sie filzen traditionellen Schmuck. „Wie schön“, freut sich Charlotte, als Peken ihr das Armband um die Hand bindet. „Das soll euch beschützen und Glück bringen“, sagt die „Nomadin“ zum Abschied.

In vier Gruppen hat die Sozialarbeiterin heute über sechzig Kinder der Einrichtung in das Leben der Nomaden entführt. Erzieherin Diana Tsinemann, die seit zehn Jahren im Emmauskindergarten arbeitet, ist begeistert. „Das hat Spaß gemacht und die Kinder haben viel gelernt.“ Während des Tagesgeschäftes könne man so aufwendige Vorbereitungen gar nicht treffen. Dass jemand von „außen“ ein solches Angebot mache, sei das erste Mal.

Auch für Leiterin Schwester Heidemarie Sellach steht fest: „Das war ein Erfolg.“ Zinnet Peken freut sich über die gute Resonanz. „Leider wird noch viel zu wenig im Bereich der interkulturellen Arbeit getan“, sagt die Sozialarbeiterin. Oft scheitere es auch an den Kosten, die diesmal vom Amt für multikulturelle Angelegenheiten und der Emmaus-Stiftung übernommen wurden. Dabei sei es so wichtig, so früh wie möglich Interesse und Sensibilität für andere Kulturen zu wecken.

Peken entführt die Gäste ihres „Konolinos“ nicht nur in die Welt der kurdischen Bergnomaden, zu ihrem Angebot gehört auch eine Schatzsuche bei den Blackfoot-und Sioux-Indianern oder eine Reise in die Mongolei auf den Spuren von Dschingis Khan: „www.konolino.de“:http://www.konolino.de.

p(autor). Britta Jagusch

Artikelinformationen

Beitrag veröffentlicht am 1. Juni 2008 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

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