p(einleitung). Religiöser und säkularer Fundamentalismus
Ob muslimische „Gotteskrieger“, christliche „Kreationisten“, Hindu-Nationalisten oder ultra-orthodoxe Juden – Fundamentalisten aller Religionen haben einen gemeinsamen Nenner: Irrationalität. Bei einem Seminar zum Thema „Gotteswahn und Gotteshass“ im Zentrum Ökumene in Frankfurt analysierte Martin Schuck vom Konfessionskundlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland das Phänomen des religiösen Fanatismus.
Fundamentalistische Strömungen gebe es in jeder Religion. Sie alle legten die religiösen Schriften buchstabengetreu aus und erübrigten damit die genaue Analyse der Wirklichkeit sowie „die schwere Aufgabe des Selber-Denkens“. Unterschiede machte Schuck jedoch in den Ursprüngen aus: So sei der christliche Fundamentalismus vor allem eine Kampfansage an aufklärerisches und naturwissenschaftliches Gedankengut, während der islamische eher eine Reaktion auf die politische Situation darstelle.
Dabei kann man in die Auflistung der Ideologien, die Menschen „eine auf äußere Autorität gebaute Gehäusefrömmigkeit“ bieten (so eine Formulierung des Religionswissenschaftlers Gustav Mensching) auch die so genannten Neo-Atheisten einreihen, wie etwa den Evolutionsbiologen Richard Dawkins und sein Buch „Der Gotteswahn“. Gott wird in dieser „Säkularistenbibel“ zur überflüssigen, wenn nicht gar schädlichen Hypothese. Pfarrer Jörg Bickelhaupt, Beauftragter für Interkonfessionelle Fragen, hat die Thesen der säkularen und religiösen Fundamentalisten verglichen und eine frappierende Verwandtschaft entdeckt. Das Credo sei „spiegelbildlich das Gleiche“: Wissenschaftsgläubige sprechen ebenso wie religiöse Fundamentalisten anderen Weltanschauungen die Berechtigung ab, legen die Texte der Schriften wortwörtlich aus und halten symbolische Deutungen für unzulässig.
p(autor). Doris Stickler