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Aktuell

Von – 1. September 2010

Gute und schlechte Zeiten

Liebe ist ein Geschenk des Himmels, aber eine Heirat ist auch Wagnis. Das weiß jeder, der Scheidungen kennt. Die kirchliche Trauung macht aus dem nüchternen standesamtlichen Akt eine „Hoch-Zeit“, vergegenwärtigt hohe Ideale und soll nicht zuletzt das Gelingen der Ehe fördern.

Vor Gott und der Gemeinde als Zeuginnen und Zeugen bekennen sich die Brautleute zueinander. Das setzt Ernsthaftigkeit und eine hohe Motivation voraus, sich zugunsten der Beziehung einzusetzen und an ihr festzuhalten. Andererseits verbinden sie mit dem Gang vor den Traualtar auch hohe Erwartungen: Sie suchen den Segen Gottes zu ihrer Verbindung, und den verstehen manche gewiss als eine Art magischen Zauber, der das Paar angesichts vieler Unwägbarkeiten zusammenhalten und ihm Unterstützung bieten soll.

Zwei, die sich trauen – in dieser Redewendung steckt ein gutes Stück Bewunderung dafür, dass ein Paar nicht nur standesamtlich heiratet, sondern auch kirchlich. In der katholischen Kirche gilt die Ehe sogar als Sakrament: „Was aber Gott verbunden hat, das darf (!) der Mensch nicht trennen” (Markus 10,9), heißt es entsprechend restriktiv in der Einheitsübersetzung der Bibel. Lässt sich ein Paar doch scheiden, ist danach für beide nur noch eine standesamtliche Heirat möglich, und wenn sie dann in der neuen Ehe nicht auf Sexualität verzichten, dürfen sie eigentlich auch nicht mehr an der Eucharistiefeier, am Abendmahl, teilnehmen.

Anders in der evangelischen Kirche. In der Bibelübersetzung Martin Luthers heißt es: „Was Gott zusammengefügt hat, das soll (!) der Mensch nicht scheiden.“ Das Ja der Brautleute gilt zwar auch hier als Willenserklärung mit einem sehr hohen Grad an Verbindlichkeit, und es wird vorausgesetzt, dass die Partner alles daransetzen, ein Leben lang zusammenzubleiben. Allerdings ist die Ehe kein unaufhebbares Sakrament. Eine Scheidung ist stets mit Schuld und Schmerz verbunden. Wer später noch einmal heiratet, fällt nicht aus der Abendmahlsgemeinschaft heraus und kann sich auch erneut kirchlich trauen lassen.

Im Mittelpunkt der evangelischen Ehe steht die Gewissheit, dass Gott die Beziehung bejaht und stärkt. Die segnende Handauflegung ist Zeichen für den Zuspruch Gottes und gibt Kraft und Zuversicht für die gemeinsame Zukunft und zu einem Denken und Handeln, das dem Paar wie den beiden Einzelnen gerecht wird. Die Eheleute wissen um mögliche Krisen und um die Gefahr des Scheiterns, aber ihr Glaube kann dazu beitragen, das gemeinsame Glück zu erhalten – in guten wie in schlechten Zeiten. Und die Erfahrung der auch bei eigenem Versagen bleibenden Liebe Gottes kann helfen, freigebig Liebe zu schenken und eben nicht das zu tun, was der andere „verdient“, sondern ihm das zu geben, was der eigenen Liebe entspricht und dem, was der andere braucht.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. September 2010 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe .

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Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.