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Von – 17. März 2011

„Die Eltern müssen sich entscheiden“

Micha Brumlik eröffnete eine Fachtagung über die Chancen religiöser Erziehung

Eltern müssen sich bewusst entscheiden, ob sie ihr Kind religiös erziehen möchten oder nicht. Das meint jedenfalls Micha Brumlik, Professor für Erziehungswissenschaften an der Uni Frankfurt. Mit seinem Vortrag über die Möglichkeiten religiöser Erziehung in einer Gesellschaft, in der viele verschiedene Religionen zusammen leben und zudem immer mehr Menschen sich als atheistisch verstehen, eröffnete Brumlik im Haus am Dom eine zweitägige Fachtagung für Mitarbeiterinnen und Träger von Kitas und anderen vorschulischen Einrichtungen. Eingeladen hatte das Projekt „Weißt du, wer ich bin?“, eine jüdisch-christlich-muslimische Initiative für ein friedliches Zusammenleben in Deutschland.

Micha Brumlik bei seinem Eröffnungsvortag im Haus am Dom. An zwei Tagen ging es hier um die Möglichkeiten religiöser Erziehung in einer multikulturellen Gesellschaft. Foto: Mauricio Maranhão

„Ich glaube nicht, dass man die religiöse Erziehung den Kitas oder Schulen überlassen kann“, sagte Brumlik, „Religion muss zuhause im Alltag und durch Rituale und Feste im Jahresablauf eingeübt werden.“ Nur wenn die Eltern selbst religiös sind, ihre eigene Religion kennen und „halbwegs glaubwürdig leben“, könnten sie das an ihre Kinder weitergeben.

Öffentliche Einrichtungen wie Kitas und Schulen hingegen müssten die Kinder in einer multireligiösen Gesellschaft damit vertraut machen, „dass es viele verschiedene Religionen gibt, die sie achten und respektieren müssen.“ Dies gelte auch für konfessionell gebundene Einrichtungen, also etwa Kitas in kirchlicher Trägerschaft. Doch das sei gerade im vorschulischen Bereich nicht nur „theoretisch“ möglich.

Brumlik schlägt vor, kindgerechte Geschichten aus verschiedenen Religionen zu erzählen, oder Kinder aus anderen Religionen einzuladen, an den eigenen religiösen Festen teilzunehmen, soweit diese dafür offen sind. „Es ist eine Voraussetzung für versöhnte Verschiedenheit, dass man mit dem anderen so vertraut ist, dass man nicht mehr denkt, die kommen vom anderen Stern“, betonte Brumlik.

Aus entwicklungspsychologischer Sicht sei es sinnvoll, im Kita- und im Grundschulbereich eher das Gemeinsame zu betonen, und in der Mittel- und Oberstufe dann über die Unterschiede zu sprechen und eine individuelle kritische Auseinandersetzung der Kinder und Jugendlichen anzustoßen.

Auch in konfessionellen Einrichtungen, so Brumlik, müsse das Kindeswohl dabei an oberster Stelle stehen, es könne niemals mit Hinweis auf religiöse Normen als zweitrangig gelten. „Kinder haben das Recht auf eine angstfreie Erziehung“, sagte Brumlik. „Deshalb muss jede religiöse Umgebung frei von Angst vor Strafe oder dem Zorn Gottes sein. Der Sinn religiöser Erziehung kann es nicht sein, Schuldgefühle zu erzeugen.“

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 17. März 2011 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe .

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Dr. Antje Schrupp ist geschäftsführende Redakteurin von Evangelisches Frankfurt. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com.