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Von – 26. August 2011

Vertrauen als Kulturtechnik

Ina Praetorius legt das Glaubensbekenntnis aus

Unter dem Titel „Ich glaube an Gott und so weiter?…“ legt Ina Praetorius das christliche Glaubensbekenntnis auf sehr pragmatische und lebensnahe Weise aus. Sie beginnt bei ihrer Tante, die ihr das Wort Gott „schenkte“, erzählt von ihren liberal-protestantischen Eltern, ihrem politischen und feministischen Engagement.

Praetorius nennt das „Matrixtheologie“ – eine Weise, von Gott zu reden, die von dem für jeden Menschen einzigartigen Gewebe aus familiären, gesellschaftlichen und historischen Bezügen ausgeht. Niemals haben zwei Menschen exakt dieselbe Matrix, weshalb auch „Gott“ für jeden anders klingt. Gleichzeitig bietet der Bezug auf „Gott“ die Möglichkeit, mit anderen Menschen in Beziehung zu treten. Traditionen werden geteilt, enthalten Worte, Geschichten, Riten, auf die man sich beziehen kann.

Es geht nicht darum, Theologie und die Rede von Gott zu subjektivieren oder gar zu psychologisieren, sondern darum, die Grenzen zwischen „subjektivem“ Glauben und „objektiver“ Theologie aufzuheben. Der Gott, an den Kinder glauben, wenn sie sich auf Weihnachtsgeschenke freuen, ist derselbe wie der, über den Theologieprofessoren ihre Bücher schreiben. Gott ist kein wissenschaftlicher Untersuchungsgegenstand, sondern ein Wort, das Menschen verwenden, um einer bestimmten Art von Erfahrungen einen Namen zu geben. Insofern wird das Wort „Gott“ von Kindern vielleicht öfter sinnvoll benutzt als von Theologieprofessoren.

An Gott zu glauben, so Praetorius, bedeute nicht, anzunehmen oder zu vermuten, dass irgendwo ein höheres Wesen existiert, das im Zweifelsfall die Sachen für uns regelt. An Gott glauben bedeutet vielmehr, darauf zu vertrauen (wie man das griechische Wort für „Glauben“, pistis, besser übersetzt), dass es einen größeren Zusammenhang gibt, dass nicht alles von mir allein abhängt. Wer in diesem Sinne an Gott glaubt, wird die Welt anders sehen und sich anders in ihr bewegen. Die Fähigkeit, zu vertrauen, ist nicht nur eine frühkindlich erworbene Fähigkeit. Sie ist – in Form von Religion und Gottesglaube – auch ein gesellschaftliches Wissen und eine Kulturtechnik.

Ina Praetorius: Ich glaube an Gott und so weiter?… Eine Auslegung des Glaubensbekenntnisses. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2011, 19,95 Euro.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 26. August 2011 in der Rubrik Bücher & Filme, erschienen in der Ausgabe .

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Dr. Antje Schrupp ist geschäftsführende Redakteurin von Evangelisches Frankfurt. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com.

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