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Von – 26. August 2011

Wenn Sucht Beziehungen in Gefahr bringt

Wohl viele haben das schon einmal erlebt: Situationen, in denen man sich unangemessen gegenüber anderen, oft gerade nahestehenden Menschen verhält. In denen man vielleicht zu emotional reagiert, aggressiv wird oder sich zurückzieht.

Bei Menschen, die alkohol- oder drogenabhängig sind, potenziert sich dieses verletzende Verhalten in Beziehungen aber oft noch. Wie entscheidet sich eigentlich, ob unangemessenes Verhalten eine Beziehung so belastet, dass sie daran zerbricht – oder vielleicht sogar daran wächst? Solchen Fragen ging Pfarrer Sven-Joachim Haack in einem Vortrag bei der evangelischen Suchtberatung nach. Wie entscheidet sich, fragte der Klinikseelsorger, der in der Psychatrie und der Suchtrehabilitation arbeitet, ob jemand an den Verletzungen und dem Leid seines Lebens zerbricht oder reifer wird? Fragen, die für Suchtkranke besonders schwer zu beantworten seien. Denn um in Kontakt mit ihren Gefühlen zu kommen, müssten sie aufhören, Suchtmittel zu nehmen; aber um aufhören zu können, müssten sie eigentlich in Kontakt mit ihren Gefühlen sein.

Es gehe darum, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, und zu lernen, mit tief verankerten verletzten Gefühlen aus der Kindheit umzugehen, so Haack. Verletzungen und Missachtung, die man als Kind erlebt hat, forderten in späteren Beziehungen umso mehr ihr Recht, je weniger man sich ihnen bewusst stelle. „Meine jetzige Frau will nicht, dass ich mich so klein und ohnmächtig fühle wie damals als Kind“, illustrierte er das Gemeinte, „es fühlt sich für mich nur so an“.

Heilsam und damit auch beziehungsstabilisierend sei die liebevolle Hinwendung zum eigenen „inneren Kind“, ein Ansatz, mit dem seit den 90er Jahren viele Therapeuten arbeiten. Dabei geht es darum, sich selbst die emotionale Zuwendung zu geben, die in der Kindheit gefehlt hat, um so psychische Verletzungen eigenverantwortlich zu heilen. Fünf Haltungen könnten helfen, den „Mist in Kompost“ zu verwandeln, wie Haack sagte: Hinsehen statt Wegsehen, Standhalten statt Fliehen, Wahrnehmen statt Verurteilen, Erforschen statt Wiederholen, Bergen statt Verdrängen.

Haack, der auch Kontemplationsgruppen leitet, empfahl außerdem, jeden Tag möglichst zur selben Zeit in der Meditation Herz und Geist zu erforschen. Für Suchtkranke sei es unabdingbar, stets im inneren Kontakt mit sich selbst zu sein.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 26. August 2011 in der Rubrik Lebenslagen, erschienen in der Ausgabe .

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Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".