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Von – 2. April 2012

An Geld muss man glauben

Zur Nähe von Christentum und Finanzsystem

Den Glauben an das Geld haben viele schon verloren. Oder einfach die Orientierung, was Geld wirklich wert ist in Zeiten von Bankenkrise und Euro-Rettung. Es lässt sich kaum noch ein Bezug herstellen zwischen der realen Wirtschaft und den irrwitzig hohen Summen, die im virtuellen Finanzsystem zirkulieren.

Doch ohne „Glauben“ an das Geld funktioniert unser Wirtschaftssystem nicht, und der christliche Glauben hat mehr zur Entstehung unseres Finanzsystems beigetragen, als vielen bewusst ist. Die Kulturtheoretikerin Christina von Braun, Buchautorin und Professorin an der ­Humboldt-Universität in Berlin, ist dieser Spur nachgegangen. „Geld braucht Beglaubigung, und die christliche Kultur mit ihren spezifischen Glaubensforderungen hat mehr von der Logik des Geldes als die anderen monotheistischen Religionen“, sagte sie bei einem Vortrag in der Evangelischen Stadtakademie Römer 9.

„An Brot und Wein als abstrakte Vergegenwärtigung Gottes muss man glauben, ebenso an die Auferstehung oder Jungfrauengeburt“, so von Braun. Es sei daher auch kein Zufall, dass die beim Abendmahl verwendete Hostie die Form einer Geldmünze habe. Gefordert werde der Glaube, so wie auch Geld immer der Beglaubigung bedarf. Eine These, die von Braun mit Exkursen in die Geschichte des Geldes belegte. So habe bis in die Neuzeit die Nichtannahme von Geldmünzen und Papiergeld als Frevel gegolten, die schlimmstenfalls sogar mit dem Tode bestraft werden konnte. „Geld ist ein Zeichensystem, und den Menschen bleibt nichts anderes, als daran zu glauben“.

Doch was ist, wenn sich dieses System von den realen Verhältnissen so weit löst, dass genau dieser Glaube und das Vertrauen zerstört werden? Und wenn es Opfer gibt, reale Opfer, wie es bei Massenentlassungen oder der Vernichtung von Eigentum der Fall ist? Diese Fragen stellten die Zuhörerinnen und Zuhörer in der anschließenden Diskussion. Eine Lösung konnte von Braun nicht anbieten, aber eine Hoffnung: Am besten funktionierten Gesellschaften, die Wert auf soziale Gerechtigkeit legten. Das könne der Klebstoff sein für Vertrauen und sozialen Zusammenhalt, und so könne das Geld „domestiziert“ werden.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 2. April 2012 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe .

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