Das heute vorgelegte Zehn-Punkte-Programm von Kristina Schröder ändert nichts daran: Der Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz kann nicht rechtzeitig umgesetzt werden.
Bei all dem Durcheinander um die Kinderbetreuung gibt es auch eine gute Nachricht. Kinder, die vor 1992 geboren wurden, werden den Jüngeren gleich gestellt. Genau genommen werden die Mütter rentensystematisch gleich behandelt: Pro Kind gibt es drei Jahre Rentenanerkennung. Gut so.
So will man sich die Zustimmung beim unbeliebten Betreuungsgeld erkaufen. Doch damit sind wir schon bei all den Problemen, die auch Familienministerin Kristina Schröder nicht lösen kann.
Schröders 40 Millionen reichen grade mal für zehn Kitas
Ihr heute vorgelegtes Zehn-Punkte-Programm zur Kinderbetreuung wird wirkungslos verpuffen. 130.000 Betreuungsplätze fehlen nach Schröders Angaben noch. 40 Millionen Euro will sie zum Bau zusätzlicher Einrichtungen in die Hand nehmen. Das reicht nach den – zugegeben üppigen – Frankfurter Standards gerade mal für zehn Kitas für etwa 500 Kinder. Damit kann man bundesweit keine Wirkung erzielen.
Schröder will ferner die Gehälter der Erzieherinnen und Erzieher raufsetzen. Gut so. Aber auch diese Zeche zahlen die Kommunen, denn die Betriebskosten für Kitas sind kommunale Leistungen. Außerdem ist die Lohnschraube schon längst zur Spirale geworden und weckt berechtigte Begehrlichkeiten bei Krankenschwestern, Altenpflegern, Sozialpädagoginnen und vielen anderen Berufen im Öffentlichen Dienst. Wir erleben hier gerade, was Fachkräftemangel wirklich heißt.
Auch zusätzliche Tagesmütter werden die Betreuung nicht retten. Mit Mühe wurden die Qualifikations-Standards in den letzten Jahren zumindest auf 165 Unterrichtsstunden angehoben. Doch als flächendeckender Notnagel für fehlende Kita-Plätze reicht diese Form der Kinderbetreuung weder quantitativ noch qualitativ.
Wer den Ausbau will, muss viel mehr Geld in die Hand nehmen
Was ist also zu tun? Wer den Ausbau wirklich will, muss als erstes Geld in die Hand nehmen. Viel Geld. Für Investitionen und für den Betrieb. Ein Krabbelstuben-Platz für Unter-Dreijährige kostet pro Kind im Monat um die 1500 Euro. Das ist eine gewaltige Summe, die eine Umschichtung der kommunalen Etats verlangt. Dies wird nicht von heute auf morgen gehen. Es braucht Zeit und wird anfänglich sicher nur über Kredite zu finanzieren sein. Frankfurt geht diesen Weg.
Hinzu kommt, dass sich Familien heute anders verhalten. Es ist normal geworden, Kinder mit einem Jahr in die Krippe zu bringen, ja, Eltern fordern dies schon heute vom Staat ein. Sie haben ihre Lebensplanung darauf ausgerichtet. Von der geplanten Zielvorgabe von 30 Prozent der Kinder, denen ein Krippenplatz zur Verfügung gestellt werden soll, kann man sich getrost verabschieden. Großstädte wie Frankfurt werden für geschätzte 60 Prozent der Kinder einen Platz benötigen.
Frankfurt wird bis Ende nächsten Jahres immerhin für 35 Prozent der Kinder einen Platz anbieten. Schon dafür waren große Anstrengungen notwendig – aber es reicht bei Weitem nicht.
Was bleibt, wird im nächsten Jahr – kurz vor der Bundestagswahl – schwer fallen: Ehrlichkeit. Der Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab einem Jahr wird nicht umgesetzt werden können. Es wäre jetzt an der Zeit, das zuzugeben. Und gleichzeitig sollten wirklich nennenswerte Summen zur Verfügung gestellt werden. 12 Milliarden Euro wie beim letzten Programm, das wäre eine Größenordnung!