Hinweis

Diese Website wurde am 28. November 2017 archiviert. Neues Online-Angebot: Evangelische Kirche in Frankfurt.

Aktuell

Von – 27. September 2012

Ernte: Gott sei Dank

Sind die Früchte, die im Herbst geerntet werden, Produkte menschlicher Arbeit oder Gaben Gottes? Überlegungen zum Erntedankfest am Sonntag, 30. September.

Foto: Colourbox

Weizen, Bananen und Kaffee kann man als landwirtschaftliche „Produkte“ sehen, also als Erzeugnisse menschlicher Arbeit und Objekte ökonomischen Handelns. Menschen bestimmen darüber und tun damit, was ihnen richtig erscheint.

Ist die Produktion knapp, steigen die Preise, fällt sie allzu reichlich aus, wird ein Teil untergepflügt. Ist es rentabler, Mais zu Kraftstoff zu verarbeiten, fehlt er auf der Speisekarte von Menschen und Tieren – wie jetzt in den USA. Kostengünstige, ertragreiche, schädlingsresistente, lagerfähige, nahrhafte und möglichst gesunde Sorten sind das Ziel großer Konzerne. Monokulturen, Schädlingsbekämpfung, unredlich niedrige „Erzeugerpreise“, Genmanipulation, Patente und Lizenzgebühren auf Saatgut sind oft genug der Weg dahin. Auch der private Umgang mit landwirtschaftlichen Produkten geschieht so: Gekauft wird, was billig ist.

Nicht Menschen sind die Erzeuger, sondern Gott gibt

Doch Getreide, Obst und Gemüse kann man auch aus einem völlig anderen Blickwinkel sehen: als Ernte, als Gottes gute Gaben. Hier ist nicht der Mensch der Erzeuger, sondern Gott der Geber, der seine Geschöpfe versorgt, und dem der Mensch dafür Dank schuldet. Auch wenn Menschen säen, jäten und ernten, bleibt Gott als Schöpfer der eigentliche Eigentümer, und der Mensch sieht sich selbst lediglich als Nutznießer und Verwalter. Den Roggenkörnern, Birnen und Radieschen wohnt in dieser Sicht eine eigene Würde inne: Sie sind Gottes Besitz, und wir sollen ihn entsprechend behandeln. Gott will, dass von seinen Gütern alle satt werden – nicht nur die, die zahlen können. Zu den zu beachtenden Maßstäben gehören Verteilungsgerechtigkeit, Qualität, kurze Transportwege, Bewahrung der Schöpfung, Nachhaltigkeit in der Fruchtfolge?…?.

Der Erntedanktag, der immer Ende September oder Anfang Oktober gefeiert wird – in diesem Jahr am 30. September – ist ein Tag der Dankbarkeit und der Freude an Gottes gnädigen Gaben, aber auch ein Tag der Besinnung und Abwägung, wie in der Landwirtschaft angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung Ökonomie und Verantwortung vor Gott zu ihrem Recht kommen können. Im Blick ist dabei auch, dass Verbraucherinnen und Verbraucher durch ihren Konsum mit darüber entscheiden, was wo wie angebaut wird.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 27. September 2012 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe .

Artikel teilen: E-Mail Facebook Twitter Google+

Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.

Kommentare zu diesem Artikel

  • Bodil Schwerer schrieb am 28. September 2012

    Erntedank am 30. September 2012? Wikipedia schreibt hier was anders: »Im Bereich der evangelischen Kirchen ergab sich seit 1985 (mit dem In-Kraft-Treten des neuen Perikopenbuchs) eine Änderung. Diese führt dazu, dass der erste Sonntag im Oktober den Gemeinden als Erntedank-Termin empfohlen wird. Auch wenn der 30. September ein Sonntag ist, soll in der Regel am ersten Oktobersonntag gefeiert werden. 2006 wurde durch die beiden Zusammenschlüsse VELKD und UEK in der EKD ein Liturgisches Kalendarium beschlossen, das den Erntedanktag auf den ersten Sonntag nach Michaelis festlegt, wenn das Michaelisfest nicht auf einen Sonnabend fällt. Damit findet er nun immer am ersten Sonntag im Oktober statt.«
    http://de.wikipedia.org/wiki/Erntedank#Deutschland
    Ergo: 7.10.2012. Wer hat recht?

  • Wilfried Steller schrieb am 30. September 2012

    Herr Schwerer hat natürlich Recht: Es gibt die Empfehlung, Erntedank am ersten Sonntag im Oktober zu feiern. Dieser Termin ist leichter als Regel wiederzuerkennen als die Berechnung nach dem wenig gepflegten Michaelistag und hat den Vorzug, kompatibel mit dem katholischen Kalendarium zu sein. Aber Empfehlungen und Sollbestimmungen finden in gemeindlichen Traditionen und anderen Zweckmäßigkeiten (z. B. im Blick auf die Nähe zum 3. Oktober) ihre Grenzen. Der erste Oktobersonntag hat sich insofern noch keineswegs durchgesetzt: Wer den 30.9.2012 im Zusammenhang mit Erntedank googelt, findet eine ganze Reihe von Belegen. Mein Einschub „in diesem Jahr am 30. September“ ist also in der Tat missverständlich und „alte Schule“, die sich gegen pragmatische Regelungen wehrt, mit denen innere Bezüge zwischen den besonderen Feiertage aufgegeben werden.